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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
40.1978, Heft 1/2.1978
Seite: 65
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trocknete, im Mühlengraben wuchsen die Ankenblumen und 1736 verhallte der
Wunsch der Obrigkeit ungehört, nämlich „jemand ausfindig zu machen, der eine
Mühl oder ein anderes Gewerb dahier erbauet". (Denn die Steuerbehörde vergaß
zu keiner Zeit ihre Kinder).

Erst 32 Jahre später fand sich ein strammer Bewerber, welcher im Frühling 1768
der Burgvogtei Rötteln in untertänigster Demut die Bitte vortrug, „die in Abgang
geratene Castelmühle wieder neu erbauen zu dörfen". Es war beileibe kein Einheimischer
, sondern stammte aus Röttelnweiler bei Haagen, hieß Michel Gutmann,
war 38 Jahre alt, seit drei Jahren mit einer in Neuenweg verwitweten Bürchauerin
aus dem Geschlecht der Bolschweiler verheiratet, hatte eine Stieftochter und zwei
vorzeigbare eigene Söhne, war zum Zeitpunkt der Antragstellung „Hintersaße zu
Neuenweg" und guten Willens, neues Leben in den Kastelgrund zu bringen. Er
bekam die Erlaubnis und den Steuerzettel dazu, mußte „ein Gulden Geld und
drey Viertel Roggen Gült" entrichten, kam damit sehr gnädig davon, behauptete
später „und sei noch von Karlsruhe aus angefragt worden, ob er ein oder zwei
oder drei Mahlräder wolle, er habe aber gesagt, er halte es nach seinem Vermögen
". Das war zwar nicht groß, aber dank seiner Frau und seiner Stieftochter,
welche ihre Neuenwegner Erbschaft auf der Kastelmühle anlegten, reichte es zu
einer Gerstenmühle mit „einem Rad und einem Gang", und eine „neue Kuchin
sambt Stuben und zugebautem Stall" setzten den Schlußstrich. Der Einzug wurde
gebührend gefeiert und neun Monate später krähte die kleine Anna in der Wiege,
welche das Nesthäkchen blieb.

Der bald 100jährige Mühlenteich füllte sich wieder mit Wasser, der Mühlengraben
wurde „gebutzt" und als „besonderer Kanal" angelegt, Michel Gutmann
trug von Stund an den Titel „der Gerstenmüller vom Kastel, die Bürchauer
Konkurrenz hielt ersichtlich friedliche Nachbarschaft und nichts deutet daraufhin,
daß der bescheidene Lebenskreis gefährdet gewesen wäre, bis wiederum 5 Jahre
später Gevatter Tod jäh an das Mühlentor klopfte und die Seele des Hauses, die
48jährige „Gerstenmüllerin" fordernd heischte. Die Gutmann-Kinder waren noch
klein, fünf, sieben und acht Jahre alt und die Tochter aus erster Ehe der Frau, die
13jährige Maria Kiefer, des Stiefvaters einzige brauchbare Hilfe und Halt. Nach
einjähriger Trauerzeit ging der 45jährige Michel zweckgebunden auf Brautschau
und bekam von der Witwe Donder in Kaltenbach keinen Korb, als er sie bat, die
luftige Höhe hoch über dem Kandertal zu verlassen, um bei ihm im Talgrund der
Kleinen Wiese die Pflichten eines Eheweibes zu übernehmen.

Mit diesem Ehebunde, welcher in der zwölften Stunde des 12. 12. 1775 im
Neuenwegner Kirchlein geschlossen wurde, schwang im Dreiklang der Hochzeitsglocken
das künftige Geschick der Kastelmühle unhörbar mit. Die Witwe Donder,
welche mit Mädchennamen Eva Güdemann hieß, hatte aus ihrer ersten Ehe bereits
einen 21jährigen Sohn Hans, der wohl mit dem „Maien" im Knopfloch die
Mutter zum Traualtar geleitete, jedoch nach dem Hochzeitsschmaus nach Kaltenbach
zu seiner Liebsten zurückeilte, die er wenig später ebenfalls heiratete. Sieben
Jahre danach kam für beide Familien die Krise, Hans Donder in Kaltenbach
verlor durch Tod seine junge Frau, stand mit seinem zweijährigen Mädchen an
der Hand vor der Frage der Wiederverheiratung, und über Berg und Tal hinweg
in der Kastelmühle waren zwar alle am Leben, jedoch das „unterschlächtige Mühlrad
" ernährte nur kümmerlich die Familie. Mit fürstlichem Decret vom 2. Mai
1783 wurde sogar die „Gerstenmühlin" von aller Schätzung gnädigst befreit und
wenn schon der Fiskus freiwillig auf seine Steuern verzichtet, dann pfiff in der
Mühle die Maus schon aus dem letzten Loch. Zudem hatte die nunmehr volljährig
gewordene Stieftochter Maria ihr väterliches und mütterliches Vermögen, „nämb-
lich 125 fl was die Rechnung weiset", auf dieser Mühle stehen und gesetzlichen
Anspruch auf Auszahlung dieses Betrages, was in etwa einem Drittel des Gut-
mann'schen Besitzes entsprach. Die Gefahr war groß, daß die volljährig gewordene

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