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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
40.1978, Heft 1/2.1978
Seite: 67
(PDF, 40 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1978-01-02/0069
Hans Donder war ein energischer, expansionsfreudiger Müller, bediente die
Kundschaft nicht nur mit „feiner Gerste", sondern auch mit Mehl, trat zur
Bürchauer Mühle in harte Konkurrenz und ist vermutlich der personifizierte
Grund, warum der Bürchauer Müller Eichin, während der Amtsperiode des
Donder, seine seit 4 Generationen im Familienbesitz befindliche „Mahlmühlin"
verkaufte und von Bürchau we.<*zoe.

Die Zeiten waren jedoch nicht dazu angetan, aus der Kastelmühle eine Goldgrube
zu machen. Können und Wollen des geschäftstüchtigen Müllers trieben zwar
das Mühlrad vorwärts, jedoch jenseits des Rheins war die französische Revolution
ausgebrochen und blies auch Hans DonderSand ins Getriebe. Soldaten aus allen
Himmelsrichtungen durchzogen das stille Tal der Beichenwiese, benötigten Nahrung
für Mensch und Roß, die Lebensmittel wurden allerorten knapp, die Preise
kletterten dementsprechend himmelwärts, von 1791 bis 1795 mußten auch die
Bürchauer und Neuenwegner unter Zwang „Holz, Heu und Haber in beschwerlichen
Kriegsfuhren nach Freiburg, Binzen und Lörrach" liefern, die allerhöchste
Obrigkeit segnete dazu das Waldland mit einer „grasierenden Rinderseuche"
und gelegentlichen Wolkenbrüchen, und als mit dem Herbstnebel des Jahres 1797
„mit einer Stafette die Nachricht ins Kirchspiel kam, daß der Friede zwischen
seiner Majestät dem Kaiser und der französischen Republik am 17. Oktober geschlossen
wurde", war wohl die Erleichterung unter den Strohdächern groß, jedoch
so ziemlich jeder Waldbauerngeldbeutel leer. In diesen „geldklemmenden" Zeiten
konnte natürlich ein Müller mit einer bitterarmen Kundschaft keine großen Geschäfte
tätigen, die Waldbauern hatten keine Barmittel, um im offenen Land teure
Brotfrucht zu kaufen oder gegen Holz einzutauschen, denn „hiesiger Forst wurde
vom Militär gänzlich ausgeraubet", die einheimische Frucht war schnell gemahlen
und hielt die Kastelmühle nur recht und schlecht über Wasser.

Allerdings hing bei Hans Donder der Brotkorb nicht unter der Zimmerdecke
wie mancherorts in den Nachbarhöfen, denn er hatte keine hungrige Kinderschar
zu ernähren, sondern nur seine drei Frauen, nämlich seine betagte Mutter Eva,
seine ins Leben blühende Tochter Catarina und seine stiefschwesterliche Ehefrau,
welche übrigens mit den Jahren immer zänkischer wurde. Sie stritt nicht nur mit
der eigenen Familie, sondern mit der Frau Nachbarin vom Hof nebenan, und
wenn man der Fritz BechteFschen Ehefrau glauben darf, „dann wärmte die
Donderin immer alte Sachen auf", womit natürlich nicht gesagt ist, daß die
Kastelmüllerin laufend übriggebliebene Speisereste in die Bratröhre schob, sondern
mit alten Streitpunkten stets neue Auseinandersetzungen heraufbeschwor, welche
erst ein Ende nahmen, als der Pfarrer von Neuenweg und seine Censurrichter
„beyde Weyber ins Häuslein" steckten. Damit waren jedoch keineswegs die familiären
und pekuniären Zukunftsprobleme der Kastelmühle gelöst, während die
drei Frauen ihre internen hausfraulichen Küchenkriege weiterführten, zerbrach sich
der Hausherr den Kopf, wie er die notwendig gewordenen Reparaturen an „Haus
und Mühl" ohne Bargeld bewerkstelligen sollte und seinem Mühlrad die Daseinsberechtigung
erhielt.

Auf ein Wirtschaftswunder war zudem nicht zu hoffen, der zweite Koalitionskrieg
der Mächtigen streifte das Waldland zwischen 1799 und 1801 erheblich, die
hautnahe vorderösterreichische Grenze, welche östlich und nördlich über den Bergkamm
zum Belchen verlief, lieferte Grund, daß französische und kaiserliche
Soldaten abwechselnd im Kirchspiel Neuenweg lagerten und von den allgemeinen
Bedrängnissen abgesehen, hatten die Müller des hinteren Kleinen Wiesentales ihre
aktenkundig überlieferte „vorderösterreichische Kundschaft" verloren. Mit klarem
Kopf meisterte Hans Donder auch diese Situation, griff zu dem uralten, bewährten
Rezept „und man nehme sich einen vermöglichen Schwiegersohn", verhandelte
mit seinem Kollegen in Wies, der zwar eine Mühle, jedoch bereits einen
amtierenden Mühlenerben hatte und für seinen Sohn Lorenz, der Bargeld, jedoch

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