Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
40.1978, Heft 1/2.1978
Seite: 69
(PDF, 40 MB)
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auszuführen, um uns, wenn alles Werk gerichtet sein dörfte, durch einen langwierigen
Prozeß zu ermüden", und um dieses zu vermeiden, vorsorglich das Oberamt
baten, „daß der Donder recht nachdrücklich in seine Schranken gewiesen werden
möchte." Die Sache war anscheinend brandeilig, denn drei Tage später hielten die
beiden Bauherren im Kastel eine Verfügung in den Händen, welche ihnen eine
Erweiterung des Gewerbes und ein zweites Wasserrad verbot.

Hans Donder kümmerte sich keinen Pfifferling um das obrigkeitliche Verbot,
begrub zunächst seine Mutter Eva, welche nicht an einem Herzschlag, sondern an
einem „Geschwulst" noch in der alten Kastelmühle starb, stellte das neue Haus
fertig, zog samt Inventar und „Mühlengeschirr" in die neue Behausung, hing statt
einem „unterschlächtigen Wasserrad ein oberschlächtiges Rad" ein, setzte auch in
aller Ruhe das zweite Wasserrad und diktierte, nachdem alles fix und fertig war,
seinem Schwiegersohn einen Brief, welcher dem Oberamt Rötteln für eine Weile
die Sprache verschlug. Kurz und bündig lud er den „Herrn Fron Verwalter oder
einen sonstigen Sachverständigen zur Beaugenscheinigung" ein, wollte „die Kosten
aus eigenem Sack zahlen" und begründete sein zweites Wasserrad" nicht in der
Absicht, einen zweiten Mahlgang zu haben, sondern nur einen Grobgang, um die
Frucht besser putzen zu können und die Kundschaft besser zu bedienen".

Ein Parteimitglied des Bürchauer Müllers, namens Andreas Asal, wartete indessen
auf keinen Herrn Sachverständigen, sondern sprach das Urteil selbst und
„grub das Wasser ab", welches die Räder der Kastelmühle in Gang halten sollte.
Aus alten Zeiten hatte Asal für seine Matte im Kastel nahe der „Mühlenmatt"
ein Wässerungsrecht, denn schließlich ging der „Mühlengraben", auch „Canali"
oder Wasserleitung genannt, mit dem Naß der Kleinen Wiese über seinen Grasbesitz
in den Mühlenteich. Im Wechsel von acht Tagen hatte die Kastelmühle und
der Mattenbesitzer das Recht, das Wasser zweckgebunden zu nutzen. Bislang gab
es diesbezüglich keine Schwierigkeiten, denn beide nutzten nach Bedarf und „wenn
der Asal in der Kehre war, dann hat er das überschüssige Wasser auf die Mühle
laufen lassen". Jetzt allerdings, da sein Freund Fritz sich in der Bürchauer Mühle
über die geschmeidige Konkurrenz im Kastel grün und blau ärgerte, sah natürlich
Asal keinen Grund„ denen da außen" auch nur einen einzigen zusätzlichen
Wassertropfen zukommen zu lassen und leitete in seiner Wässerungswoche das
nicht benötigte Wasser in die Kleine Wiese zurück, welche hurtig mit ihrer kühlen
Last talauswärts zur Mühle von Langensee eilte. Die neue Kastelmühle stand
demzufolge alle acht Tage still und Lorenz Müller sah sich gezwungen, das Oberamt
Rötteln, welches noch über der Einladung brütete, zu bitten, „dem Andreß
Asalen geschärft auferlegen zu wollen, daß er das Wasser, was er niemalen ganz
allein auf sein Stuck Matten gebrauchen kann, auf mein Gewerb laufen zu lassen
und nicht mutwillig und eigenmächtig abkehren dörfe".

Während jedoch das Oberamt noch über einen in Trab zu setzenden Sachverständigen
beriet, Donder und Tochtermann sehnsüchtig auf Kunden und Sintflut
warteten, die Müller der Nachbardörfer auf Demontage der neuen Räder in
der Kastelmühle hofften, stritten Mutter und Tochter in der bewährten Form auch
in der neuen Behausung lautstark um häuslichen Krimskrams, und da die beiden
teilzeitbeschäftigten Männer auch ein Ventil brauchten, um ihren aufgestauten
Ärgerüberdruck abzulassen, brüllten sie gleich kräftig mit und erzielten den Effekt,
daß sich das Censurgericht Neuenweg ungebetenerweise in diesen internen Familienkrach
einmischte und „alle Tage wegen schrecklichen Schimpfens zu je zwei
Stunden Häusleinstrafe" verurteilte.

Nach diesem Intermezzo zog noch ein langer Sommer durchs Land, bis endlich
mit dem ersten Schnee des Jahres 1801 der Abgesandte des Oberamtes mit Chaise
und Zylinder im Kastel erschien und zwei Tage lang die strittige Sache an Ort
und Stelle untersuchte. „Kommisär Lembke" war ein gründlicher Mann und hatte
es nicht nötig, gleich seinem Namensvetter von heute mit den Beteiligten „Heiteres

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