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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
40.1978, Heft 1/2.1978
Seite: 114
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1978-01-02/0116
Die Entstehung der Dingrodel6S) vollzog sich im Zusammenwirken zwischen
Grundherren und Grundhörigen 68) „als Ergebnis einer Rechtsweisung" 6T), wobei
die vorliegenden Dingrodel in ihrer beschränkten Anzahl zur Klärung des wohl
nicht mehr aktuellen Streites um die Dominanz der herrschaftlichen oder bäuerlichgenossenschaftlichen
Seite nichts Entscheidendes beizutragen vermögen 68). Das Verfahren
der Rechtsweisung bestand in Frage und Antwort69, wie es am treffendsten
eine Bestimmung im Auggener Dingrodel anklingen ließ:

„Item so man das geding haben will, so ist da by ein her oder einer, den er
da zü gibt an siner statt, und wellicher das zu geordnet wurt, der mag frogen
des ersten, ob man nit billichen des ersten des heren rechung (rechtung) do
eroffnen und erzelen soll, und soll man das frogen die huber by den eiden,
so sie dem hof geschworen hand" 70).
Das Recht, das die Grundholden „eröffneten" 71) bzw. wiesen, faßte abstrakt
der Weitenauer Dingrodel in seiner Einleitung folgendermaßen zusammen:

„. . . wir schribin dü reht, dü daz vorgenand gotzhus ze W. het zu sinen eignen
lüten und dü reht, dü die gotzhus lüt hant zu dem gotzhus und auch dü reht
dü ünser voegt hant zu den gotzhus und zü gotzhus lüten und auch dü reht,
dü de gotzhus und die gotzhus lüt hant zu dien voegtün" 72).
Diese Inhaltsbeschreibung der Dingrodel dürfte dem zeitgenössischen Verständnis
von „Dinghofrecht" im allgemeinen entsprochen haben. Sie ähnelt der heutigen
Definition des Hofrechtes, worunter die Summe aller materiellen und formellen
Rechtsnormen begriffen wird, die das Verhältnis einer (hier: geistlichen) Grundherrschaft
und deren Angehörigen in irgendeiner Weise regeln 73). Die formellen
Rechtsnormen, die üblicherweise in den Dingrodel vorherrschen, beschäftigen sich
mit der Gerichtsverfassung und dem Gerichtsverfahren, worüber in den Abschnitten
über die Dinggerichtsbarkeit berichtet werden soll. Gegenstand der materiellen
Rechtsnormen ist sowohl die Dinghofverfassung als auch das grundherrliche Rechtsverhältnis
zwischen Dinghofherrn und Dinghofleuten. Dennoch sollen diese beiden
Rechtsgebiete getrennt erörtert werden, indem in dieser Arbeit nur dem letzteren
die Bedeutung von „materiellen Dinghofrecht" 74) beigemessen wird.

Die Dingrodel der einzelnen Grundherrschaften weisen verwandtschaftliche Züge
auf. Für die basel-hochstift'schen Dingrodel hat dies schon F. Kühn 75) nachge-

(65) vgl. H. Ott, Gesch. d. Kl. St. Blas., Seite 17/18, der die Entstehung der st.-blasischen
Dingrodel substantiell erörtert hat

(66) T. Bühler, Gewohnheitsrecht, Seite IX Nr. 3

(67) T. Bühler, a. a. O., Seite 21 bis 23 (wo detailliert das Rechtsweisungsverfahren
geschildert wird) und vgl. weiterhin: K. v. Amira, German. R., Band 1, Seite.
129/130 — L. A. Burckhardt, Hofrödel v. Dinghöfen, Seite 41/42 — P. Gehring,
Um die Weistümer, a. a. O., Seite 264 — E. Patzelt, Grundherrschaft u. bäuerl.
Weistumsrecht, a. a. O., Seite 3 und 12

(68) vgl. K. R. Kollnig, Elsaß. Weistümer, Seite 35 f mwN, Kapitel 4: „Entstehung
der Weistümer", dessen Untersuchung sich vom 13. bis zum 18. Jahrhundert und
auf fast 600 Weistümer erstreckt.

(69) K. R. Kollnig (a. a. O., Seite 45 bis 51) analysierte zusätzlich, welches Gewicht
der bäuerlich-genossenschaftlichen Rechtsweisung gegenüber der Grundherrschaft
zukam.

(70) siehe Anhang: L § 5

(71) so der alemannische Sprachgebrauch

(72) siehe Anhang: K

(73) D. Werkmül'ler in HRG a. a. O., Stichwort: „Hofrecht", Spalte 213 f mwN

(74) siehe Seite 127 ff

(75) Zur Kritik der Weistümer, a. a. O., Seite 34 bis 36

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