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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
40.1978, Heft 1/2.1978
Seite: 133
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1978-01-02/0135
d) Heiratszwang

Der klösterliche Grundherr vermochte nicht nur Ungenossenehen zu verbieten,
sondern in Weitenau stand es ausnahmsweise 349) sogar in seiner Gewalt, einen
Heiratszwang auszuüben 350). Das Ehegebot richtete sich gegen alle 18- bzw. 20-
jährigen männlichen und 14jährigen weiblichen Gotteshausleute unter der Strafandrohung
von „ein pfund" 3S1). Ebenso wurden belehnte Witwen und Witwer
zur Wiederverheiratung gezwungen 352).

e) Freizügigkeit 353)

Die Abhängigkeit der st.-blasischen Dinghofleute bekundete ferner die teilweise
Restriktion ihrer Freizügigkeit 354). In dieser Hinsicht bedachten die st.-blasischen
Dingrodel zwei von einander zu trennende Fälle, nämlich zum einen: den Ab- und
Zuzug und — als des ersteren Folge — zum anderen: den Eintritt in den bürgerlichen
oder geistlichen Stand.

Der Zuzug wurde wohl allgemein gestattet 355), weil er der Grundherrschaft
materielle Vorteile brachte. Denn unter der Voraussetzung, daß der zugezogene
Fremde „überjarti hie, daß jn dhein here ansprechende were noch nachjagende" 356),
nahm „de gotzhus ellü reht", d. h. insbesondere alle Abgaben von ihm „als von
gotzhus lütün" 357).

Von der Beschränkung des Abzuges durch die der Grundhörigkeit inhärente
Bindung an die Scholle (glebae adscriptus) 358) waren die Gotteshausleute St.
Blasiens praktisch befreit. Fast wörtlich übereinstimmend schrieben die Hofrodel
vor: „Wölt och ein gotzhusman hinnan varn, so sol er es dem vogt sagen, vnd sol
vf einen wagen mit acht höpten ziechintes viches legen waz er wil, vnd sol
der vogt mit siner eigner hand griffen an die langwid, vnd mag er in be-
haben, so sol er beliben, mag er in nüt behaben, so sol er in laßen varn war er
wil, vnd hat en kein nachiagenden vogt" 359).
Lediglich der Efringer und Fahrnauer Rodel haben sich mit der schlichten Feststellung
begnügt: „Die lüt hand och kein nachiagenden vogt" 36°). Letztlich war der
Vogt dem Fortziehenden gegenüber sogar zur Hilfe und zum Geleit verpflichtet
361). Mit dem Abzug „von sinen lehen" wurde der Gotteshausmann „na einz
probstz gnadon von Witnowe" fallpflichtig 362).

(349) Nach W. Müller (Heiratsbeschränkungen, Seite 7) war „im Hochmittelalter der
Heiratszwang überwiegend beseitigt".

(350) vgl. allgemein: D. Schwab im HRG, Stichwort: „Heiratszwang", speziell Spalte
68 mwN und insb.: L. A. Burckhardt, Hofrödel von Dinghöfen, Seite 23 —
W. Müller a. a. O., Seite 7/8 — H. Ott, Stud. z. spätma. Agrarverf., Seite 131

(351) siehe Anhang: K §§ 14 und 15

(352) siehe Anhang: K § 17

(353) Das Weitenauer Weistum enthält Sonderregelungen (K §§ 26—29) bezüglich der
Fluktuation von Leibeigenen zwischen Weitenauer und st.- blasischem Herrschaftsgebiet
, deren Erörterung sich aufgrund der erschöpfenden Darstellung bei H. Ott
in Stud. z. spätma. Agrarverf., Seite 128/129 erübrigt.

(354) vgl. allgemein: G. Neusser in HRG, Stichwort: „Freizügigkeit", Spalte 1262 f
(insbesondere 1263) — und eindrucksvoll F. Merzbacher, a. a. O., im Histor. Jahrbuch
90. Jg., Seite 271—273

(355) so: H. Ott, Stud. z. spätma. Agrarverf., Seite 128

(356) siehe Anhang: D § 9

(357) siehe Anhang: K § 25; ähnlich: G § 31; vgl. auch: B § 5 III

(358) G. L. Maurer, Gesch. d. Fronhöfe . . ., Band 2 Seite 75 und Band 3 Seite 121

(359) siehe Anhang: F § 2 IV

und ebenso: C § 5; D § 3 III; G § 32; H § 9; K §§ 62, 63

(360) siehe Anhang: A § 19 und B § 5 II

(361) siehe Anhang: C § 5; D § 3 III; H § 9; K § 63

(362) siehe Anhang: K § 30; über die Fallabgabe, siehe Seite 140 f

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