Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
40.1978, Heft 3/4.1978
Seite: 261
(PDF, 42 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1978-03-04/0047
er flog direkt auf den Heuwagen, und als der Bauer weiterfahren wollte, konnten
die Pferde den Wagen nicht mehr wegbringen. Da meinte einer der Knechte, das
ginge nicht mit rechten Dingen zu. Der Wagen sei verhext. Dem Bauer fiel der
Lumpen ein, er ließ ihn herunterholen und sofort rollte der Wagen an.

Die Hexe von Binzen

Vor vielen hundert Jahren lebte auf dem Röttier Schloß ein Ritter, der wegen
seines Jähzorns und seiner Härte überall gefürchtet war. Seine einzige Tochter
Hildegard liebte er sehr, und sie verstand es immer wieder, ihren Vater zum
Guten zu bewegen. Der Ritter hatte einen Freund auf dem Hunoltstein im
Elsaß, der einen Sohn hatte. Schon in der Zeit, als ihre Kinder noch klein waren,
hatten die Väter das Versprechen ausgetauscht, sie einmal zu verbinden, damit
die Freundschaft für alle Zeit bestehen bleibe.

Von den vier Hunden des Burgherrn war ihm der größte und schärfste am
liebsten. Der griff sogar einmal den ergebenen Diener Gotthold an, der ihm in
äußerster Notwehr ein Bein schwer verletzte. Darüber geriet der Röttier so in
Wut, daß er seinen Knechten befahl, Gotthold vom Turm hinabzuwerfen. Die
erschrockenen Knechte wußten, daß ihnen daselbe Schicksal blühen würde, wenn
sie sich weigerten, und in ohnmächtigem Zorn und Schmerz taten sie das grausame
Werk.

Gotthold hatte mit seinem Weib glücklich in Binzen gelebt, und als sie den
Ermordeten fand, schwur sie dem Burgherrn furchtbare Rache. Sie verließ ihr
Haus in Binzen und zog in eine halbverfallene Hütte am Hüttenrain am Weg
nach Rötteln. Den verletzten Hund heilte sie, und er folgte ihr hinkend auf ihren
Wegen. Bald stand sie im Ruf, eine Hexe zu sein, weil sie im Dorf und in der
Umgebung Krankheiten beschwor und heilte und Heil- und Liebestränke braute
und brachte. Dafür nahm sie nur das Nötigste zum Leben. Sie galt als schußfest,
denn die Pfeile, die ihr der Röttier nachsandte, weil sie ihm manches Stück
Edelwild vergiftete, trafen sie nie.

Eines Tages erschien ein fahrender Sänger auf der Burg mit einem älteren Begleiter
. Eine Abwechslung war stets willkommen, und man gewährte den beiden
gerne Gastfreundschaft. Der Fremde gewann durch sein vornehmes Wesen und
seine Lieder bald das Vertrauen des Burgherrn, aber auch das Herz des zwanzigjährigen
Burgfräuleins. Bald trafen sich die Liebenden täglich außerhalb der Burg.
Ihr Glück schien vollkommen, als der junge Sänger Hildegard verriet, daß er
der Sohn des Hunoltsteiners sei, der ihre Liebe unbefangen gewinnen wollte. Die
Hunoltsteiner waren bereits für den übernächsten Tag angekündigt worden. Fast
gereute der Röttier sein Versprechen, denn im geheimen befürchtete er, daß er
dann seinem wilden Wesen ganz erliegen würde. Aber die beiden malten sich
schon die freudige Überraschung des Röttiers aus.

Als dieser am nächsten Tag nach Basel geritten war, trafen sich die Liebenden
noch einmal auf dem versteckten Platz in den Felsen hinter der Burg und ahnten
nicht, daß sie die Hexe schon längst entdeckt hatte. Doch der Vater kam früher
zurück als sie glaubten, und als die Hexe von ferne die Hufschläge hörte, eilte sie
dem Verhaßten entgegen und rief ihm aus dem Gebüsch zu: „Rite nume heim, Herr
Ritter! Hinter der Burg bi de Felse finde ihr euri edli Tochter in de Arm vum
Fahrende!" und schon war sie wieder verschwunden.

Die glückliche Stunde der beiden jungen Menschen durchbrach jäh die zornige
Stimme des Röttiers: „Du Verfluechte! Hesch du di drum igschliche, aß du mii
Chind verfüehre chasch? Stirb, du Elendige!" Und das Schwert des Rasenden
traf den Junker tödlich. Die entsetzte Tochter wollte ihrem Vater in den Arm
fallen, aber er stieß sie roh zur Seite. Sie fiel mit dem Kopf auf einen spitzen

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