Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
40.1978, Heft 3/4.1978
Seite: 279
(PDF, 42 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1978-03-04/0065
Wenn er rief, bedeutete es nichts Gutes für das Dorf, gewöhnlich Unglück oder
Krieg und man hieß ihn „Vogel Unfried". Noch lange sagte man, wenn man einen
Vogel so seltsam rufen hörte: „Das isch der Vogel Unfried".

Köhlgartentier und Nachtheuel

Im Spätjahr, wenn es früh dunkel wurde und vor allem, wenn es der Weihnacht
zuging, trieb sich in den Dörfern am Köhlgarten das Köhlgartentier herum.
Das war ein böses Tier, halb Wolf und halb Vogel, und es erschreckte oft die
Leute, wenn sie zu dieser Zeit spät in der Nacht nach Hause gingen. Das Tier
war sehr gefräßig und stahl sich sein Fressen in den Häusern. Nichts war vor ihm
sicher.

Lärmten die Kinder noch auf den Gassen, wenn es bereits dunkelte, riefen noch
vor fünfzig Jahren die Mütter ihren Kindern zu: „Göhn heim, Chinder! S Chöhl-
gartetier goht um! Nit aß es euch mitnümmt!"

Der Nachtheuel war ein großer Vogel, und die Mütter warnten ihre Kinder
auch vor ihm. Denn der Vogel hatte schon Kinder, die sich noch bei Dunkelheit
auf den Gassen umhertrieben, mit sich in den Wald geschleift. Und wenn die
Kinder am Abend nicht nach Hause kommen wollten, warnte die Mutter: „Meije,
der Nachtheuel holt üch!"

Die Mühle im Sägengrund

Droben am Köhlgarten, zwischen Wies und dem kleinen Weiler Fischenberg,
treffen die Quellbächlein der Köhlgartenwiese, das Kühlenbrunner- und das
Fischenberger Bächlein zusammen und bilden die Köhlgartenwiese. Diese mündet
oberhalb Tegernau in die Kleine Belchen-Wiese.

Beim letzen Haus von Fischenberg stand einst eine Mühle wie eine Burg, über
deren Hauseingang die Jahreszahl „Anno 1715" eingeschnitten war. Noch älter
als die Fischenberger Mühle, war die Mühle im „Sägengrund", die nach einer
alten Schrift im Jahre 1651 erbaut worden war.

Lange hat sich das Geschlecht der Sägemüller auf dieser Säge gehalten. Einmal
fuhr der Sohn des alten Sägers mit einer Fuhre Holz über das „Stühle", den Paß
hinüber ins Klemmbachtal. Von dort brachte er eine junge Magd mit heim, die alle
aufgetragene Arbeit in Haus, Stall und Feld gut und flink verrichtete. Aber
man sagte, sie stamme von Zigeunern ab und traute ihr nicht. Sie hatte schwarze
Haare und Augen und war sündhaft schön gewachsen. Obschon die Eltern
ihren Sohn warnten, hörte er nicht auf sie und nahm die Magd zum Weib. Doch
auch den ältesten Männern verdrehte sie den Kopf und führte ein böses Leben.
Das ging wohl eine Zeit lang, bis es ein schlimmes Ende nahm mit den beiden, —
und auch mit der alten stolzen Mühle im Sägengrund.

An einem schwülen Julitag, dem eine große Hitze vorausgegangen war, kam
vom Rhein und dem Blauen her ein schreckliches Unwetter über das Tal, Blitz auf
Blitz und Schlag auf Schlag folgte. Ein schwerer Wolkenbruch ging über die ausgetrockneten
Bergmatten, Felder und Wälder nieder. Der Sturm riß die stärksten
Tannen um, und die Sturzbäche, die vom Köhlgarten herabschössen, rissen Holz,
Felsblöcke, Steine und guten Boden mit sich, — auch die Sägemühle im Sägengrund.

Der Sohn des Sägemüllers wurde vom Blitz erschlagen und sein schwarzhaariges
Weib nahm das Wasser mit sich fort. Man fand sie nirgends mehr und sagte, wegen
ihres gottlosen Lebenswandels habe sie der Teufel geholt. Die Stelle, an der die
Sägemühle gestanden, ist längst überwachsen, aber der Platz heißt noch heute
„im Sägengrund".

279


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1978-03-04/0065