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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
40.1978, Heft 3/4.1978
Seite: 327
(PDF, 42 MB)
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Generation noch bewohnt wurde und in welches endlich auch der überlebende
Elternteil umzog, wenn dieses frei wurde, nur Frau Marie bestimmte, „daß ihr
gestattet werden dörfe, das Bedd in die Stuben zu stellen, um dort schlafen zu
dörfen", was sie gedurft hat.

Es gab im Wälderhof im Einzugsgebiet der Kleinen Wiese keinen An- oder Vorbau
wie in anderen Landstrichen üblich, in welchem die Alten auf dem sogenannten
„Leibgeding" gesondert in den Lebenswinter gingen, sondern alt und
jung lebten in engster Gemeinschaft bis zum letzten Atemzug.

Es mutet in diesem Zusammenhang auf den ersten Blick seltsam an, daß alle
verkaufenden Teile durchweg sich „freies Feuer und Licht lebdäglich" in den
Verträgen sicherten, denn es gab im Wälderhaus nur eine einzige Wärmequelle,
und das war der behäbige Kachelofen, welcher von der Küche aus geheizt, die
Bauernstube gut durchwärmte und durch „Schlitze" in der Zwischenwand auch
Wärme in die Kammern entließ, in welchen die Eltern des Nachts schliefen, denn
für den Tag hatten sie sich ja „den besten Sitz im Hause" bereits gesichert und
somit auch Anspruch auf den warmen Sitz auf der „Chunscht". Auch in der Küche
gab es nur eine einzige Kochstelle in Form des aufgemauerten Herdes, und was das
„freie Licht" betraf, so mußte den armen Eltern kaum gesondert heimgeleuchtet
werden. Es ist nicht anzunehmen, daß die jungen Hofbesitzer, sofern das „freie
Licht" nicht gratis vom Himmel schien, ihre Lichtspäne versteckten und die Familie
auf „im Dunkle isch guet munkle" verwiesen, nur weil die Mutter im Vertrag
vergaß, zum „besten Recht im Hauß" auch das „freie Licht" zu fordern oder
gegenseitig riefen„ "de Ofe us — de Vadder chunnt", nur weil der alte Mann
kein „freies Feuer" ausdrücklich verlangte.

Das verbriefte Recht auf Wärme und Helle diente also allem zufolge weniger
der Vorsorge für einen „ungestrittenen" Lebensabend des Einzelnen, sondern
fördert auf den zweiten Blick den sozialen Aspekt zutage, welcher im Waldland
tief zwischen den Buchen und Eichen wurzelnd, den Lebensindex der Bauernfamilien
gesamt begründete.

Durch Jahrhunderte hindurch war das Holz Brotkorb und Brennstoff; zugleich
und treffend formulierten die Vögte durch alle Zeiten: „Die hiesige Gegend ist
von der Art, daß sich der Burger von fast nichts ernähren kann als sich ein paar
Scherflein durch das Holz zu verdienen, dies setzt er dann meist als Schnefelware
in der Umgegend wieder ab." Die gehorsamste Berichterstattung der Vögte ergab
jedoch gleichzeitig, daß „im Turchschnidd wenig Brivatwald und mer Gemeinwald
vorhanden" sei.

An diesem „Gemeinwald" hatten die Waldbauern gemeinschaftliche Rechte,
die gegen Ende des 17. Jhdts. mit dem Notschrei des Forstamtes „der Wald ist
entblösset" in der Selbstbedienungsform endeten und jedem Bürger seinen „Bürgernutzen
" im festgesetzten Klaftermaß alljährlich zuteilten. Mit der Hofübergabe
endete jedoch keineswegs das Bürgerrecht, und da der junge Hofkäufer
spätestens mit der Besitzübernahme ebenfalls das Bürgerrecht erwerben mußte,
so bekamen alt und jung alljährlich ihren „Holzzeddel" mit dem zugeteilten
„Gabholz", das sich je nach Anzahl der Bürger, welche auf dem Hofe unter einem
Strohdach lebten, im „dreimalsechssindachtzehnklafter" System erhöhte. Holz
bedeutete Wärme, Geld und Beschäftigung für die „Schnitzbank", an welcher unter
anderem auch die „Spähne" gefertigt wurden, die als Licht- oder Kienspäne im
Lande verkauft, an dunklen Winterabenden ihren flackernden Schein in den
eigenen Wälderhof warfen. Mit der zunehmenden „Holzklemme" im Lande
nahmen auch die „Holzkriege" im Kleinen Wiesental zu, welche nicht nur die
Bewohner mit jenen, welche Holz wollten, in Prozesse verstrickten, sondern auch
die Bürger unter sich jeweilig in „Glassen" und „Bardeien" spalteten. Doch alle
„Glassenbardeien" hatten als Streitpunkt den Holzbezug, jene, die viel hatten,
wollten den Anspruch behalten, jene, die weniger hatten, wollten mehr. In der

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