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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
40.1978, Heft 3/4.1978
Seite: 331
(PDF, 42 MB)
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däglich für die Mutter laufen lassen", wobei nicht ersichtlich, ob sich die Bezeichnung
„lebdäglich" auf das Huhn oder die Mutter bezog.

Nur der behäbige Müller Donder hatte beim Hofverkauf „zwei Hühner
laufen" und wollte diese von der kaufenden Tochter weitergelaufen wissen, zu
seinem „Nutz". Die Eier scheinen demzufolge über den Holzhandel und den
„ SchnefelWarenverkauf" über die Märkte von Kandern und Staufen in die
einstige Küche des Waldbauernhofes gewandert zu sein, möglicherweise kauften
die Alten von ihrer geldlichen „Usebhaltig" einige mit.

Durchweg sicherten sich jedoch alle Elternteile den dritten oder vierten Teil
„jehrlich von allen Obst- und Baumfrücht im Schliß", nach den gegebenen
Umständen. Das Obstsortiment war beileibe nicht ausladend reichhaltig, denn im
Kleinen Wiesental blühten zu keiner Zeit die Zitronen, sondern erfroren nur allzuoft
die Knospen im Keim, so daß schon die „Nuß" von der wildwachsenden,
klimaangepaßten Haselnuß übertrumpft wurde. Das Obst beschränkte sich überwiegend
auf Äpfel und Birnen, die in Sorten unterteilt, je nach Brauchbarkeit
geschnitten, im „Chunschtloch" gedörrt wurden, um als „dürri Schnitz" die
langweilige Winterkost zu beleben und verarbeitet zum obligatorischen „Schnitzwecke
", das Weihnachtsfest bescheiden zu versüßen. Man unterschied schon damals
die Birnen in „Würgelenbiren, Hasen-, Pfeffer-, Grün-, Roth- und Keppelinsbirnen
", um nur einige zu nennen, kannte die „Pergamotte", auch „Bergamodde
" geschrieben, unterteilte die Äpfel in „Augstöpfel" und „Grüsliger"; jedoch
von Ort zu Ort unterschiedlich, wurden im Waldland durch die Lage bedingt,
bald diesen, bald jenen der Vorzug gegeben, je näher dem Beleben zu gelegen,
desto weniger Obst. Kirschbäume kannte man vor 200 Jahren an allen Orten des
Waldlandes, die als „Chriesi" sehr begehrt, später, wie im offenen Land, ihre
Früchte trugen, und meist erst ab Anfang August geerntet werden konnten, sofern
die Dorfjugend nicht schon geerntet hatte.

Mit dem meist dritten oder vierten Anteil am „Kraut- und Kuchengarten",
sicherten sich die Alten innerhalb vom Naturalschleiß das wenige Gemüse,
welches die herbe Waldlandschaft hervorbrachte und sich in der Regel auf Kraut,
Mangold, Spinat, Rettich, Zwiebeln, Meerrettich, Lattich, Endivie und „Peterlin"
beschränkte, manchmal auch aktenkundig zu einer „Cucummere" oder „Kürbse"
ausweitete. Die Karotte oder Gelberübe taucht unverständlicherweise erst gegen
Mitte des 19. Jahrhunderts im Waldland auf und gedieh sozusagen nur unter
obrigkeitlichem Befehl. Der Bewohner des Waldlandes hielt zu seiner einspännigen
„Erbsenschäfe" und wollte von der Gelberübe zunächst nichts wissen, getreu dem
Wahlspruch „was de Buur nit chennt, des frißt er nit". Die Bodenrübe war jedoch
von den Urgroßvätern her bekannt, sie gedieh auf den Äckern nahe dem Hof
und wurde im Schliß ebenfalls anteilmäßig gesichert, nach dem Maß: „so wie die
Rüben gepflanzt werden".

Der Naturalschleiß der Waldbauern wurde insgesamt mit den Grundnahrungsmitteln
Brotgetreide, Habermehl, Kartoffeln, Hülsenfrüchte, Milch, Speck, Rüben
und Gemüse geprägt, aus der Lebensart, welche alle Generationen durch Jahrhunderte
hindurch zur Bescheidenheit zwang und sich im Einklang mit der amtlichen
Beschreibung aus dem Jahre 1760 befindet: „Ihre meiste Nahrung besteht
aus Grundbiren, Milch, Habermehlspeisen, Rüben, welche aber in dem schlechten
Boden gerne trocken und bitter werden, Rindfleisch wird hier nicht gesehen, man
lasse es denn von ferne kommen, selten wird eine Geiß oder ein Schaf gemetzelt,
Schweinefleisch ist ihnen aber bekannt".

Sofern „Schliß und Schleiß" nichts anderes auswiesen, sorgten die verkaufenden
Elternteile auf ihre alten Tage für ihre Kleidung selbst, doch wollten alle innerhalb
ihres ausgehandelten Naturalbezuges jährlich auf Martini ihre „drei Pfund
Reisten", „drei Pfund Zocken" und einige „Becher Hanf"(-samen) oder den
Anspruchsteil an eine „Hanfbündte", wobei hin und wieder ein alter Vater

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