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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
40.1978, Heft 3/4.1978
Seite: 332
(PDF, 42 MB)
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lieber „5 Ellen Zwilch" vereinbarte oder „drei Ellen dreischäftiges braunes Tuch".
Manchmal behielten sich die verkaufenden Eltern auch ein Schaf eigentümlich aus
dem Schleiß zurück und wollten jährlich dessen Wolle. Die Kleiderpflege für
einen alleinstehenden Vater war in der Rubrik „Wart und Pfleg" einbegriffen,
nur einer traute dem Frieden nur halb und verlangte schriftlich, „daß seine
Dochter den Blunder in Ordnig hält und auch den Blundertrog aufreumt".

Der allwissende, vorausdenkende „Schliß" ordnete zwischen alt und jung jedoch
nicht nur das künftige Geben und Nehmen, sondern ließ abschließend absichtlich,
den persönlichen Wünschen der Verkäufer entsprechend, auf dem Papier den
notwendigen Platz, um Menschliches und Allzumenschliches aktenkundig und somit
„unstrittig" zu machen.

Der reservierte Platz wurde dazu genutzt, um das „Bedd und Gedüch" für die
verkaufenden Elternteile eigentümlich abzusichern, das „aufgemachte Bedd" des
noch im Wälderhaus lebenden Kindes diesem zuzusprechen, dem Vater den gewollten
„beschlüssigen Trog" oder das „Tröglein" aus der „Fahrniß" des Hauses
herauszunehmen und ihm „lebdäglich" für den eigenen, alleinigen Gebrauch
in die „Stuben- oder Kuchenkammer" zu stellen, dem alten Hans sein Schmiedgeschirr
zu überlassen, seiner Frau den gewünschten „eisernen Kochhafen" in die
Hände zu drücken, dem verwitweten „Eichibuur" sein verlangtes „Sackgeld von
einem Gulden" jährlich auszuhändigen, dem schaffigen Annemeili das halbe
„Känsterli in der Kuchi" einzuräumen, der alten Karline ein eigenes „Ankehäfeli"
zu geben, dem Wunsch der Witwe Kiefer nach „zwei kleinen Kalt (Gehalt) im
Fruchtkasten" zu willfahren usf., nur warum ausgerechnet das 57jährige Kätter
einen „leeren Sack wollte", steht in den Sternen und nicht auf dem Papier.

Regelmäßig wurde dem Käufer wie auch der Käuferin zum Schluß noch
„ausgewischt", was vom „Kaufschilling" alles abgezogen wurde, was die Geschwister
mit den „Würfen", die Eltern mit dem „Schliß" bekamen, und wenn
die Verkäufer irgendwie konnten, so ließen sie von ihrer „Usebhaltig" in „freundschaftlicher
Zuneigung und aus gutem Willen" noch einen Betrag zusätzlich „auswischen
", damit alles seine Richtigkeit hatte.

Beim „herrschaftlichen Anis" indessen, welchen in der Regel die Hofkäufer
vertragsmäßig in Geld zu entrichten hatten, scheint es sich um eine bestimmte
Steuer gehandelt zu haben, welche nicht einmal der rechtskundige Landvogt
Leutrum vor 247 Jahren in dieser Ausdrucksform kannte, denn seine erhaltene
„Handschrift" weist keine solche Bezeichnung aus. Es dürfte sich allem zufolge um
eine im bäuerlichen Leben überlieferte Sprachform handeln, die aus der Mundart
kommend, in die offiziellen Akten geriet und im Waldland einst heimisch war.
Bekanntlich konnte Ernst Friedrich von Leutrum das Mittlere und Kleine
Wiesental nicht mehr chronistisch erfassen, sonst wüßten wir mehr. Anbetracht
dessen, daß der „Anis" nicht nur beim Hofverkauf fällig wurde, sondern Schul-
lehrer Beideck in Neuenweg 1780 von seinem Tabakhandel den „regulierten
Anis" bezahlte, muß „Anis" eine Art Verkaufssteuer gewesen sein, die im Zweck
noch nicht ganz ersichtlich, mit Sicherheit jedoch den „herrschaftlichen Anißer" bedingte
. Noch 1823 erschien der „Bürchauer Anißer Lorenz Beyer" auf dem Gericht,
gab für sein Amt die erforderliche Kaution und stellte dafür eine Matte aus seinem
Eigentum im Wert von 200 fl als Unterpfand, damit die Herrschaft abgesichert
war, wenn der Spezialsteuerbeamte mit der „Äniskasse" durchbrannte.

Mit Sicherheit hat auch dieser beim Hofverkauf stets im Vertrag auftauchende
„Anis und Anis" den Wortsinn nicht bei dem gleichlautend lieblich durftenden Gewürz
aus dem Reich der Weihnachtsbäckerei geliehen, gleichwie Steuer noch nie
eine liebliche Würze war. Lediglich die Tatsache, daß unsere Alten mit Anistee
unter anderem den Bronchialbeschwerden zu Leibe rückten, dem eine lösende
Wirkung nachgesagt wird, wirft in der Wortbedeutung einen schwachen Hoffnungsschimmer
zum „Anißer", der seinen „Anis" auch von „etwas löste".

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