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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
40.1978, Heft 3/4.1978
Seite: 356
(PDF, 42 MB)
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Häupter aber mit Filzkappen (die oft zur Bauerntracht gehören kann!) überzogen
sind. Wäre auch einzuwenden, da, um nicht die Figur ihres Hintergrunds zu überdecken
, ihnen deshalb (wie auch dem Johannes) ein Nimbus fehlt, so ist dennoch
kein Vergleich bekannt, in welchem nur 2 Apostel an den Enden ihres Tisches jeweils
gleiche Kappen tragen. Wie an der Emporenwand, blieben auch in dieser Bildfläche
3 Inschriften fragmentisch uns erhalten.

Gottvater, der sich am Himmel rechts des ölbergs zeigt, führt einen Gegenstand
(Kugelsäule?) in seiner Rechten, der ihm gleichfalls sonst nicht zugehört. Da eine
Ritzschrift am Boden (möglicherweise ein kleiner Epitaph?) noch die Jahreszahl
17(6?)78(1?) enthält, stellt sich die Vermutung, da der reformierte Dekalog (Mos. II
20,4) eines Calvin u. a. keineswegs schon im Jahre der Reformation (1556), sondern
erst im 19. Jh. zu Betberg verwirklicht worden sei. Denn noch im 18. Jh. fügte die
Protestantische Landeskirche Badens ihren Räumen (z. B. Nimburg und Weisweil :
,Denkmalspflege' 8, 1965, S. 11—2) Passionszyklen und andere Bilder bei.
Im Vordergrund der Kreuzigung zeigt eine Figur dem Betrachter ihren Rücken, der,
wenn auch schlecht erhalten, sich als in Zeittracht gekleidet vielleicht ebenfalls erkennen
ließe. Auf Fluoreszenzaufnahmen wurde seit seiner Freilegung vorab verzichtet
. Genau in der Achse des Kreuzes stehend, trägt er ein grünes Wams, während
die Farbreste um sein Haupt einem zur Seite gerückten Federbarett zugehören
könnten. Über seinem (eingebogenen?) rechten Arm ruht ein gerolltes, dunkles
Tuch (?) mit schwerer Quaste. Um Christi Gewand, über welches (rötlich?) daneben
eben noch gepürfelt wird, kann es sich deshalb nicht handeln. Und eine Figur, die
mit verwandtem Attribut und Anzug in der Achse eines Kreuzes steht, ist als
ikonographischer Vergleich bisher gleichfalls nicht bekannt. (Die bequastete Fahne
seines Bundschuh soll Joß Fritz im Okt./Nov. 1513 in der Marienkirche zu Einsiedeln
geweiht haben — vgl. Anm. 22)

Und Simon von Kyrene auf dem Kreuzweg erscheint abermals in einem grünen
Wams, was mit A. Dürers ,Kleiner Passion' als Kupferstich (1512) vielleicht in Verbindung
steht: dort erscheint er als Einziger in zeitgenössischer Bauerntracht. Ebenso
peinlich fällt auf, da der Querbalken des Kreuzes, nach welchem zu Betberg Simon
faßt, deutlich fast in der Mitte (!?) dessen Längsachse zu stehen scheint — eine Proportion
, die mit der Kreuzigung daneben keineswegs übereinstimmt.

Bildausschnitte im Betberger ölberg, Kreuzweg und Kreuzigungen nehmen jedenfalls
auf Dürers ,Großer Passion' (1511 als Holzschnitt-Druck erschienen) so oft Bezug,
da ihr Entstehen vor 1511 nicht mehr wahrscheinlich sein kann. Einen Schlußtermin
scheint die Zeit des Bauernkriegs (1524/6) zu bilden, welchem wohl die Zeichnung
an der Emporenwand (Abb. 1) dann zugehört. Gleiche Werkstattarbeit an Wandzeichnung
und Passionsfresken scheint möglich.

(10) F. Löhlein, s. o. Anm. 7, S. 13; K. Bender, s. o. Anm. 1, 7, S. 5. Vgl. K. Weber ,Aus
der Kirchengeschichte Seefeldens' Die Markgrafschaft 17, 1965, 7, S. 8—12.

(11) F. Löhlein, s. o. Anm. 7, S. 20: „In den Kriegszeiten des 17. saec. scheint das Langhaus
zerstört worden zu sein; Chor und Turm sind jedenfalls die ältesten erhaltenen Teile
der Kirche." Vgl. K. Bender, s. o. Anm. 1, 8, S. 7.

(12) Hat mit den Materialien aus der Zeit des Bauernkrieges die Kunstgeschichte sich
auch schon umfangreich befaßt — z. B. M. Pianzola ,Bauern und Künstler' Berlin
1961; U. Krempel, U. Kriegeskotte, R. Stommer, Cl. Strobel »Materialien zur Kunst
der Bauernkriege' Bochum Dortmund 1974; H. M. Maurer (Hrsg.) ,Der Bauernkrieg
im deutschen Südwesten' (Ausstellungskat.) Stuttgart 19752 — von weltlichen Räumen
(z. B. Burg Stein an der Traun) abgesehen, wurden sakrale Räume mit Kampfdarstellungen
aufständischer Bauern bisher nicht erwähnt. Als Altarmaler (und Führer
eines Bauernhaufens 1526 zu Pforzheim dann gevierteilt) kommt jedoch der
,Schürzenjörg' uns ins Gedächtnis: Wh. Fraenger Jörg Ratgeb' Dresden 1972. Was
weiterhin erlaubt, auf einen Wächter zur Linken des Heiligen Grabes in der Mappa-
cher Kirche (Abb. 10a) zu verweisen, der — mit einem Dreizack (Mistgabel!?) gewappnet
— in seiner Rüstung einem Bundschuhler (Pianzola, a. O. S. 9 nach H.
Schrotbank ,Praktica' Straßburg: J. Grüninger 1490) durchaus gleicht (Abb. 10b): ein
Zusammenhang, der bisher ebenfalls beiseiteliegt (F. Schülin ,Mappach 874—1974'
Mappach 1974, S. 83). Auch die Kirche hält sich nicht stets bewußt, zu hüten, was
sie in ihrem Räume doch bewahrt.

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