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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
40.1978, Heft 3/4.1978
Seite: 418
(PDF, 42 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1978-03-04/0204
Die in Colmar erscheinende Zeitung: La France de l'Est brachte am 19. 10. 1936 nachstehenden
Bericht des Journalisten Henri Erichson.

Aus Anlaß des 30. Automobil-Salons im Großen Palais wurde kürzlich über
die Entwicklung und Vervollkommnung der Fahrzeugindustrie berichtet, die bei
der vorsintflutlichen Kutsche begann. Aber niemand war es eingefallen, darauf
hinzuweisen, daß schon gegen Ende des siebzehnten Jahrhunderts der Versuch
gemacht wurde, die Dampf kraft zur Fortbewegung der Wagen anzuwenden.
Diesen ersten Anfängen folgten Erfahrungen gegen die Mitte des achtzehnten
Jahrhunderts, die der Militär-Ingenieur Gugnot machte. In der Folge waren es
die Engländer, die sich an die Spitze stellten, zumal zwischen 1825 und 1840 sich
die Dampflokomotive auf Schienen durchsetzte.

Ohne Zweifel hatte damals noch niemand an die Geburt des Automobils oder
des Fahrrades gedacht, an die beiden Rivalen auf der unebenen Straße, die
einmal Charles Monselet zu dem Vierzeiler veranlaßten:

Velocipede
Rail impromptu,
Fils d'Archimede,
D'oü viens-tu?

Doch bereits am Ende seiner Kindheit dachte ein 18jähriger Colmarer Erfinder
an die Konstruktion eines Dampfwagens, der auf den Straßen fahren sollte. August
Zürcher, der am Anfang des neunzehnten Jahrhunderts in unserer Stadt geboren
wurde, hatte Kenntnis von alten Dokumenten, in denen die Erfindung eines Engländers
erwähnt wurde, der 1645 in Frankreich ein Automobil zu bauen versuchte.
Er hatte sich vorgestellt, daß seine Wagen einmal zwischen Paris und Fontainebleau
an einem Tag hin und zurück verkehren sollten und zwar ohne Pferde, aber mit
ungeheurer Spannkraft. Aber die Erfindung war nicht lebensfähig. Der Wagen fuhr
kaum durch einen Saal. Zwei Personen waren nötig, die unablässig zwei Kurbeln
zu bewegen hatten, und weil sie nicht einen ganzen Tag arbeiten konnten ohne
sich zu erholen, kam diese Erfindung teurer als der Gebrauch der Pferde.

Der Colmarer Erfinder dachte in Kenntnis dieser alten Unterlagen daran, nun
mit Hilfe des Dampfes diese Idee durchzuführen. Aber — vergessen wir nicht —
es war erst 1851, als die Fortbewegung auf gewöhnlichen Straßen unter Ausnützung
der Dampfkraft durch den Konstrukteur der ersten Maschinen für die
Eisenbahn, Herrn Verpilleux in Lyon, studiert wurde.

Bereits 1828 hatte August Zürcher dieses Problem verwirklicht und ist darum in
die erste Linie der Hersteller vom Dampfwagen auf unsern Straßen einzureihen.

Diese Tatsache wissen viele Colmarer nicht; doch ohne Zweifel interessieren sich
die Autofahrer für die Geschichte des Straßenverkehrs. Darum habe ich in gutem
Glauben die Absicht, August Zürcher, den Vorläufer des Autos von heute aus der
Vergessenheit wieder ans Licht zu ziehen.

Seine Erfindung beschäftigte ihn viele Monate Tag und Nacht. Mit 18 Jahren
war er 1828 Werkstatt-Angestellter bei Mathäus Köchlin in Masmünster. Eines
Tages vertraute er seinen Freunden seine Idee an. „Seht hier den Dampfwagen",
sagte er, „der auf der Straße dahinzieht ebensoschnell wie ein Pferd läuft und
geleitet von einem Chauffeur!" Seine Umgebung lachte und schmunzelte über
die verrückten Ideen August Zürchers, der weit davon entfernt war, seinen Plan
aufzugeben. Oft seufzte er: „Ach, wenn ich doch nur das nötige Kleingeld hätte!"
„Ich schwöre euch, ihr alle, die ihr euch nun lustig macht, werdet mir noch eines
Tages an der Erfindung helfen" Bei meiner Treu! Der junge Colmarer machte
sich daran, sich in alle Einzelheiten seines Planes zu vertiefen und baute den
Dampfwagen so, wie er es vorausgesagt hatte. Unterstützt von seinem ungeheuren
Willen und seiner Ausdauer hatte er sich ans Werk gemacht. Er wußte, daß

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