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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
40.1978, Heft 3/4.1978
Seite: 421
(PDF, 42 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1978-03-04/0207
Zum 1 OOsten Geburtstag von Adolf Glattacker

von K. Fr. Rieber

Leitwort zur Eröffnung der Ausstellung Adolf Glattacker in der Stadtbücherei
Lörrach am 26. Juni 1968 anläßlich des 90. Geburtstages des Künstlers.

In unserer Zeit politischer Revolten ringsum begehrt eine junge Generation wild
auf gegen Tradition und Ordnung in der Kunst. Kündet der Bildersturm, der wie
ein Unwetter über unsere oberländische Kulturlandschaft hereingebrochen ist, das
Ende der Kunst oder den Aufbruch einer neuen Kunst, frei von allen Bindungen
an bisher geltende Gesetze? —

Wo vor kurzem noch Meisterwerke der Kunst aller Zeiten hingen und bewundert
wurden, gähnen uns heute vielfach öde Leinwände an, von denen wir
uns enttäuscht und gelangweilt abwenden. Vergeblich suchen wir da nach Gehalt
und Gestalt, denn diese Maler verzichten von sich aus auf Sinn und Form und
treiben bewußt nur ein Spiel des Zufalls, das anstelle des Menschen ebensogut ein
Automat, ein selbsttätiger Mechanismus ausführen könnte. Wer vermag sich da
noch zurechtzufinden, wenn das von Anfang an als „Unkunst" gewollte von
Managern lauthals als „Kunst unserer Zeit" propagiert wird, während echte
Künstler, die sich mit der Gegenwart auseinandersetzen und uns etwas zu sagen
haben, einfach totgeschwiegen werden? —

Was dokumentiert z. B. noch die DOCUMENTA 1968 (Kassel)? — Modernismus
um jeden Preis? Kunst oder Unkunst? — Erleben wir den Untergang der
abendländischen Kunst oder vernehmen wir die Wehen-Schreie der Geburt einer
neuen Weltkunst? — Vielleicht gibt uns die Zukunft eine Antwort, vielleicht können
wir auch in der Geschichte der Kunst selbst schon die Antwort finden. Ich bin
überzeugt, daß es weder im Bereich der Natur noch in der Entwicklungsgeschichte
der Kunst eine Wiederholung einer URZEUGUNG, einen zweiten Anfang gibt.
Darum haben wir kein Recht,, auf die Tradition der Kunst zu verzichten, wie
reich auch die Geschichte der Kunst an Ansätzen zu neuen Stilen sein mag! Im
Zusammenhang gesehen, sind es doch immer nur Renaissancen, nie neue URSPRÜNGE
ab ovo.

Weder R. Witz noch M. Grünewald, weder El Greco noch Rembrandt, weder
Cezanne noch Bracque noch Picasso — um nur ein paar große „Neuerer" der
Kunst zu nennen — haben je auf Tradition verzichtet! Das berechtigt uns auch
heute, obgleich wir nicht 1868, sondern 1968 schreiben, unserem unzeitgemäßen
„letzten Romantiker" unter den einheimischen Malern für seine Ausstellung anläßlich
seines 90. Geburtstages zu danken.

Vieles ist schon zu Lob und Ehre unseres Jubilars gesagt und geschrieben worden
. Darum liegt es mir fern, bereits früher Ausgesprochenes zu wiederholen; doch
Neues über ihn und sein Werk zu sagen, fällt schwer, einfach darum, weil er dem
Gesetz, nach dem er angetreten, bis zuletzt treu geblieben ist. Ich beschränke mich
darum darauf, das Wesen seiner Kunst an drei Merkmalen zu kennzeichnen und
auf die drei Kräfte hinzuweisen, aus denen seine Malerei lebt.

1. Da ist als Erstes sein freudiges Ja zur Tradition der deutschen Kunst von
Holbein bis zur Romantik und zu seinem großen Vorbild Hans Thoma. Nicht
zufällig hat der Maler seine Kopie der „Tote Christ" von Holbein hier vor Ihren
Augen aufgehängt. Von seiner innigen Liebe zur Romantik eines M. v. Schwind
zeugt das 1. Bild der langen Reihe seiner Gemälde, die Kopie von „Ritter Kurts
Brautfahrt" (nach Goethe), die er nach 12jähriger geduldiger Arbeit dieser Tage
beendet hat, nachdem das Original schon 1932 in München verbrannt ist. Damit
wollte Adolf Glattacker das Bild wenigstens in einer Kopie nach dem Gedächtnis
und anhand dürftiger Fotos für die Nachwelt retten. Ein schönes Beispiel

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