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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
41.1979, Heft 1/2.1979
Seite: 47
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Franzosen gehört, daß es galt, jemandem „donner son fait", aber von Fett war
dabei nicht die Rede.

Viele solcher Sprüche sind auf Volksbräuche, Kriegs- und vor allem auf
Rechtsbräuche zurückzuführen. „Umstände machen" kommt daher, daß bei uns seit
jeher Recht in öffentlicher Gerichtssitzung gesprochen werden mußte, wozu es
des „Umstandes" bedurfte, der Leute, die rings um den Gerichtsplatz standen
und der Verhandlung beiwohnten. Deshalb auch mußten die Gerichtssachen „an
die große Glocke gehängt" werden, mit der zur Sitzung gerufen wurde. Es hat
unter diesen Umständen natürlich eine umständliche Weile gedauert, bis sie eröffnet
werden konnte. Wenn die Rathausglocke in Basel zur Sitzung des Großen
Rates läutet, so ist dies wahrscheinlich eine aus dem Mittelalter überkommene
Sitte, die daran erinnert, daß der Rat damls gleichzeitig „Gemeindegericht" war,
also die kleine Gerichtsbarkeit in Polizei- und Zivilsachen hatte.

Wer heute „für jemand seine Hand ins Feuer legt", bringt damit zum Ausdruck,
daß der Betreffende zu Unrecht beschuldigt wurde und deshalb auch diese Feuerprobe
bei einem Gottesurteil nicht zu scheuen brauche. Manchmal hat sich die
Bedeutung solcher Idiome im Laufe der Zeit ins genaue Gegenteil verkehrt. „In
allen Sätteln gerecht" hieß früher, daß einer kein eigenes Pferd besaß, sondern
mal auf diesem Sattel, mal auf jenen Kleppern clever sei. Nur der Meinung war
man nicht, daß dies eine wünschenswerte Tugend sei. Heute meint man den Uberfluß
, wenn es jemand „in Hülle und Fülle" hat. Im 16. Jahrhundert bezeichnete
diese Reimformel noch den zum Leben notwendigen Bedarf, sozusagen das
Existenzminimum. Noch Paul Gerhardt, der Kirchenliederdichter im 30jährigen
Krieg, reimte so: „Denn so gib mit Hüll und Füll, nicht zu wenig, nicht zu viel".

Viele Leute, so hörte man abschätzig, „hängen ir Mänteli noch em Wind". Doch
im Mittelalter, in dem der Mensch den Unbilden der Witterung ungleich stärker
ausgesetzt war, war es noch ein guter Rat, wenn der Dichter Spervogel seinen Zuhörern
sagte: „man sol den mantel keren, als das weter gät". (Als Schutz gegen e
Wind also). Dieses Idiom scheint — im Gegensatz zu vielen, die den europäischen
Sprachen gemeinsam und schon in der Antike nachweisbar sind — ausschließlich
im Deutschen gebraucht zu sein. Daraus sollte man allerdings keine voreiligen
Schlüsse ziehen, denn es konnte schließlich nur im rauhen Klima nördlich der
Alpen entstehen. In Italien etwa fehlen die Voraussetzungen für den ursprünglichen
konkreten Sinn der Sache.

Wenn man die deutsche Sprache nicht nur als eine Anhäufung von Worten und
Schlagwörtern sieht und gebraucht, sondern auch einmal in die Tiefe und in die
Vergangenheit schaut, dann kann die Beschäftigung mit ihr zu einem Abenteuer
werden.

Kartoffle und Pommes Fritz

Het ich uf em Märt au öppis wäge de Kartoffle g'ärgeret? Der Prüs
gwis, aber dä meint der Chemifäger nit. S'Wort erinneret so an Pantoffle, wo
bi-n-is Finke oder Schläppli heiße. Un e weng schläpperig dunkt en sei Wort
Kartoffle. Worum nit Härdöpfel oder Grumbire? Isch's nit fein gnueg? Me
sott sich Härdöpfel gunne, wil sie nit numme im Mage, nei au in de-n-Ohre
guet tien.

Wie ist das eigentlich mit den Wörtern Kartoffel und Härdöpfel? Die Kartoffeln
erhielten ihren Namen aus Italien, wo sie wegen ihrer Ähnlichkeit mit den
Trüffeln „tartuffoli" hießen. Mit den Kartoffeln kam dieser Name Anfang des
18. Jh. zu uns, und 1758 soll in Deutschland zum ersten Mal die Form mit dem
anlautenden K — Kartoffel belegt sein. Freilich zunächst höchstens als Wort
der geschriebenen, nicht der gesprochenen Sprache. Denn das Wort Erdapfel ist

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