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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
41.1979, Heft 1/2.1979
Seite: 51
(PDF, 39 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1979-01-02/0057
Von Schimpf, Ufhabi und Rosengärten

zur Deutung historischer Wörter.
von Chr. M. Vortisch

Gedrucktes ist langlebig, vor allem auch dann, wenn es falsch oder fehlerhaft
wiedergegeben ist. Mit der Langlebigkeit von Setzfehlern wollen wir uns zufrieden
geben, sie sind meist immer wieder als solche zu erkennen. Etwas anderes
ist es mit falschen Interpretationen von historischen Wörtern oder Darstellungen.
Sie können den historischen Inhalt, den eigentlichen Sinn solcher Wörter verfälschen
und manchmal geradezu ins Gegenteil verkehren. Dabei wollen wir unterscheiden
zwischen Wörtern, deren Bedeutung sich im Lauf der Zeit gewandelt
hat und solchen, die inzwischen untergegangen sind oder wegen des frühen
regionalen Charakters in keinem Wörterbuch zu finden sind.

Wie vorsichtig der Historiker bei der Auslegung vieler noch im 16. Jahrhundert
gebrauchter Ausdrücke und Wendungen sein muß, sei an einem Beispiel dargelegt.
Nach dem großen Bauernkrieg von 1525 hat der badische Markgraf Ernst eine
Münze prägen lassen, die die Aufschrift trug: „Nit schimpfe mit Ernst". Diese
Inschrift ist immer wieder als Beleg für die landesväterliche Milde dieses Markgrafen
zitiert worden, die Belege anzuführen sei uns erlassen. Aber mit Milde hat
die Inschrift zu jener Zeit nichts zu tun gehabt. Eher könnte man die Aufforderung
gekennzeichnet sehen durch mäßigende Vernunft. Die Wörter „Schimpf,
schimpfen" und „Ernst" haben damals etwas ganz anderes gesagt als heute.
„Ernst" hat nach mittelhochdeutscher Tradition soviel bedeutet wie Kampf, besonders
im Gegensatz zu „schimpf und spil". Es bedeutet auch Aufrichtigkeit,
Festigkeit des Denkens, Redens und Handelns. Dagegen hat „schimphen" dem
heutigen „scherzen, spielen, zum Schein kämpfen" entsprochen. Da der Markgraf
ja Ernst hieß, bedeutete diese Inschrift vielmehr eine „ernste" Warnung, die
sicher auch als solche verstanden wurde.

Ufhabi

Zu den ganz selten noch zu findenden Wörtern, deren Bedeutung heute nicht
mehr ohne Erklärung verständlich ist, gehört das Lörracher Wort „Ufhabi", der
Name des ältesten Ortsteils um den alten Viehmarktplatz, heute nach dem dortigen
Wirtshaus Engelplatz genannt. Dieses Wort hat in Lörrach eine arge Leidensgeschichte
hinter sich. Noch in jüngster Zeit ist ein untauglicher, jeder Begründung
entbehrender Versuch zur Worterklärung gedruckt worden, obwohl eine sprachwissenschaftlich
mögliche und die zweifellos zutreffende Erklärung seit langem
gegeben sind. So hat Karl Herbster in seinem Aufsatz „D'Ufhabi" von 1921 die
Ableitung vom mitteldochdeutschen Wort „ufhap" = Pfand zur Diskussion
gestellt, eine immerhin mögliche, aber nicht wahrscheinliche Lösung. ') Die
zweifellos richtige Deutung hat A. Baumhauer 1955 2) gegeben, indem er sich auf
den Text der S. Alban-Urkunde von 1364 stützt. Sie gibt bauwilligen Angehörigen
des S. Alban-Dinghofs in Lörrach das Recht, eine ufhebi in den hölzern
(Wäldern) S. Albans zu hauen. Was darunter zu verstehen ist, belegt der st.
bläsische Dingrodel für Weitenau aus dem Jahr 1344, wo dieses selbe Recht festgehalten
ist. Dort heißt es: „ein ufhebi ... de sint die vier süle und die vier
raman, die das hus hant und beschliessünt".3) Wir haben also zwei historische
Belege für das Wort und seine Bedeutung, weitere Belege sind bisher — auch dem
Schweizerdeutschen Wörterbuch — nicht bekannt. Lebendig ist das Wort, soweit
wir sehen, nur noch an zwei Orten, nämlich in Lörrach und in Langenthal BE,
wo eine Straße Aufhabenstraße heißt, leider in der verhochdeutschten Form.

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