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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
41.1979, Heft 1/2.1979
Seite: 52
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Mindestens für unser Gebiet ist damit belegt, daß wir einen Ausdruck aus
dem beruflichen Wortschatz des mittelalterlichen Zimmererhandwerks vor uns
haben. Bei uns hat sich dieses Wort als ein sprachliches Denkmal lebendig erhalten
. 4)

Rosengarten

Ähnlich erging es dem Wort „Rosengarten". Das Wort findet sich als ört-
lichkeitsname in Siedlungen, meist neben Kirchen. Nun kann man natürlich sagen:
Rosengärten sind Gärten mit Rosensträuchern und Rosen aller Art. Tatsächlich
heißt es im Kleinen Lexer 1), dem mitteldhochdeutschen Wörterbuch, unter diesem
Stichwort: „Name geschichtlicher und sagenhafter Lustorte". Aber „die roten rosen"
bedeuten hier auch die „Wundmale Christi", und damit zeigt sich schon die Beziehung
zum Forschungsbereich der historischen Volkskunde. Während noch das
hochdeutsche Wörterbuch von Joh. Christoph Adelung von 1798 5) einfach feststellt
: „Rosengarten — ein Garten, welcher vornehmlich aus Rosenstöcken bestehet
", wird dann das Grimms'che Deutsche Wörterbuch 6) ausführlich. Es nennt
vor allem drei Bedeutungen:

1 Im Mittelalter häufig Turnierplätze (als Beispiel sind Dietrich von Berns
Kämpfe mit Siegfried und dem Zwergkönig Laurin in Rosengärten genannt),

2 Begräbnisplatz, Friedhof. Hier wird darauf hingewiesen, daß Rosengarten auch
gleichbedeutend mit Himmelreich gebraucht wurde.

3 Rosengarten als Inbegriff aller Lust und Wonne (z. B. in alten Volksliedern).
Weitaus am besten informiert uns über die alten Bedeutungen dieses Wortes

das Schweizerdeutsche Wörterbuch '). Hier ist die zweite Bedeutung: „Begräbnisplatz
, Kirchhof, Friedhof. In Zürich früher der Kirchhof im Kreuzgang des
Fraumünsters. In Luzern heißen Rosengarten Friedhöfe von besonderer Heiligkeit
und Heilkraft, meistens zu alten Pfarrkirchen gehörig. (Synonym Totengarten
)". Unter Hinweis auf mittelhochdeutsche Heldenlieder heißt es dann: „Vielleicht
zunächst Kampfplatz; zugleich aber auch Gerichtsstätte, da das Gericht
selbst als Kampf und der Kampf als Rechtsentscheidung aufgefaßt werden konnte.
(Man denke nur an das Mittel des Zweikampfs, um ein Gottesurteil zu bekommen!
CMV). Der Kampfplatz konnte aber auch zugleich Begräbnisstätte der Gefallenen
werden und die vielen, den Namen Rosengarten tragenden Orte, wo Gräber oder
andere Altertümer gefunden wurden, deuten darauf hin, daß auch diese letztere
Bedeutung schon im Heidentum wurzle . . ." Dann erwähnt das Idiotikon, daß
die Rose von den Griechen und von den Römern als heilige Blume angesehen
wurde. Die Römer feierten „alljährlich unter dem Namen Rosalia ein Fest
zum Gedächtnis der Toten, wobei die Gräber mit Rosen bekränzt wurden. Von
da dürfte der Brauch der christlichen Kirche, den Kirchhof mit Rosen zu bepflanzen
, ihren Ursprung haben."

Schließlich spricht auch das „Wörterbuch der deutschen Volkskunde" 8) zunächst
von „Garten mit Rosen, im Mittelalter oft Name von Turnierplätzen". Dann
aber geht es weiter: „Rosengarten heißen auch Friedhöfe . . . nach den Grabblumen
oder weil Rosengarten auch Himmelreich bedeutet." Im fränkischthüringischen
Mitteldeutschland gab es den Brauch des Todaustragens am Sonntag
Lätare, nach dem Lätare der „schwarze Sonntag" oder auch „Rosensonntag" hieß.
Eine alte Bezeichnung war auch Totensonntag 9).

Man kann nach all dem den sehr alten und engen Zusammenhang zwischen
Totenstätte und den Rosen als eine volkskundlich erwiesene Tatsache erkennen.
Totenkult Rosaliafest, Kampfplatz, Begräbnisplatz, kultische Gerichtsstätte, Rosen
= Wundmale Christi, Rosengarten = Himmelreich, schließlich auch Turnierplatz
— und wenn man vorchristliche Zusammenhänge annehmen will, so kennt man
ja zahlreiche Parallelen, bei denen Bräuche, mit neuer christlicher Deutung unter-

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