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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
41.1979, Heft 1/2.1979
Seite: 65
(PDF, 39 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1979-01-02/0071
Liebi Lüt, für unsi Siedlige wit und breit existiere keini Geburtsurkunde, mir
hän kei gnaui Geburtszit und chönne wägedäm im Wortsinn au kei Geburtsdag
füre, sondern numme „den Tag der ersten urkundlichen Nennung", und das sin
zwei Paar Stiefel.

Unsi alemannische Siedler hän nit lese und schriebe und so au nit überliefere
chönne: „an däm und däm Dag, in dam und däm Johr, us dam und däm Grund,
an däm und däm Platz, d Bäum umghaue, ghurschtet, Holzhüser anegstellt", und
d Siedlungsherre, also dene, wo s Land ghört het, hän kei Intressi dra gha, ihri
Schriber azwise, d Geburtswehe vo de einzelne Höf im an und für sich no wertlose
Waldland ufzschriebe, sondern die sin für sie erseht interessant worde, wo
d Höf bereits glebt und e wirtschaftliche Wert gha hän, um dä es sich glohnt het,
ufzschriebe, was sie überhaupt wert sin.

Unsi Jubiläumsdörfer sin also älter wie s gschriebe Wort, genau wie bi sällem
Bürchauer Büebli, vo däm de Pfarrer vermerkt het: „Dieses Kind kann mit wahrem
Alter nicht legitimiert werden, es steht in den Kirchenbüchern nirgends geschrieben
, es wurde erst bei der Hausvisitation anno 1800 von mir entdeckt. Un-
gfähr so het de Herr vom Chleine Wiesedal vor 700 Johr bi sire große Husvisi-
tation sini Dörfli au gfunde und für si e ussergwöhnlich Teschtament ufschribe
lo.

Vordem, d. h. bis ins 10. Johrhundert, isch bi uns numme unser sogen. Alt-
siedelland vo Mensche bewohnt gsi, s Rhiital, s vorder Chandertal, de Dinkelberg
, s vorder und s mittler Groß Wiesetal, doch scho unser Schöpfe isch im
Norde und Oschte am große Waldrand glege; tiefe Wald bis an Feldberg, tiefe
Wald bis an Belche. Au s Steinebachtal (um Witnau umme), s Chlemmbachtal (uf
Badewiler abe), links und rechts vom hütige Chleine Wiesedal, alles Wald.

Im alte Siedligsland, in de offene Landschaft, hän sider e baar Johrhundert unsi
Alemanne glebt. Sie hän allewil Freud am natürliche Nochwuchs und anere große
Sippschaft gha und so isch es nit usbliebe, daß es im Lauf vo de Zit mehr Alemanne
gee het, wie de Bode ernähre het chönne.

Not und Hunger hän drno d Generatione vom 10. Jhdt. a zwunge, im Wald,
wo überall wild und finschter bis vor de Hustür glege isch, e neui Heimet z sueche.
Das isch nit vo hüt uf morn gange, im Hintedri isch me großzügig, was isch in de
Gschicht scho ne Menschealter? Me sait halt: „so um d Johrtusigwend" und
bezeichnet dä Siedligsvorgang in de Fachsproch als „zweite Landnahme der
Alemannen".

Unser hütig Chlei Wiesedal isch sälbigsmol e einzigi Waldwildnis gsi, Füchs
und Has hän sich Guet Nacht gsait, d Wölf hän de Mond aaghüült, s Wasser isch
wild vo de Höchene abe über umgheiti alti Bäum ins Tal abegloffe, do e troche
Plätzli, dort e große Gumpe . . . , Holz Hürscht, Dorne hän de Weg versperrt. . .,
me mueß heillos ufpasse, daß me nit ins Dichte chunnt und kei Roman verzeih,
wemme sich bildlich vorstellt, wie die Erschte mit Messer und Axt, möglicherwis
au mit em handliche Sax, sich e Weg im Bachlauf entlang dur des herrlig wild
Durenander vo Ascht und Gstrüüch, Schatte und Liecht bahnt und mit em
Füürstei im rote Schiin vo de Flamme im schwerfällige Vadder Wald die erschte
Siedlungsplätz buechstäblich abtrutzt hän.

Interessanterwis hän in däm Walddurenander sälbigsmol d Bueche und d Eiche
dominiert, an mängge Stelle d Hagebueche, in de Täler und an de Wasserläuf
d Birke, d Espe, d Erle und d Wiide, doch d Tanne, wo in de Vorstelligswelt zuem
Schwarzwald ghört, het dort numme e ganz untergeordneti Rolle gspielt, mir lese
no 1760 in de physikalische Beschribig vo Dägernau: „ . . . und nun ist endlich
auch der Anfang gemacht, Tannenholz zu pflanzen".2)

Kei Wunder, dort isch bereits große Holznotstand im Land gsi, in de Akte
het me s mit „Holzklemme" umschriebe, was d Buure bis ins 18. Jhdt. iine nit
sälber zuem Baue, Brenne, Schnäfle brucht gha hän, hän sie im Wald zue Holz-

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