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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
41.1979, Heft 1/2.1979
Seite: 82
(PDF, 39 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1979-01-02/0088
Rechtsstaat praktiziert. Dies alles geschah nicht ohne Kampf. Die Regierung versuchte
mit allen Mitteln, die Demokratisierung einzudämmen. Landtage wurden
aufgelöst, widerspenstige Abgeordnete wurden strafversetzt, aufmuckende Professoren
wie Welcker und Rotteck wurden ihrer Ämter enthoben und Wahlen
wurden manipuliert. Auch Baden wurde von der Reaktion erfaßt, auch hier
wurden die „Karlsbader Beschlüsse" durchgeführt. Bassermann stellte einmal fest,
die Regierung will keine Männer im Landtag, sondern sie will Instrumente, die
man zerbrechen und wegwerfen kann.

Der Wille des Volkes war stärker. Politisch mündig geworden, erkannte es seine
Rechte und Pflichten. Freisinnige Männer hatten die Mehrheit im Landtag. Männer,
die wußten, wo das Volk der Schuh drückt. Der Landtag von 1831 nahm die alten
Forderungen auf. Welcker forderte Pressefreiheit, Rotteck die Abschaffung des
Zehnten, Itzstein die Wiederherstellung der Verfassung, Duttlinger die Ministerverantwortlichkeit
und Mittermeier die Trennung von Justiz und Verwaltung.
Heftige Kämpfe mit der Regierung wurden um diese klassischen Grundsätze des
Liberalismus geführt. Unsere heute als selbstverständlich erachteten Grundrechte
zeigen sich dabei in ersten Ansätzen.

Diesem Landtag lag auch die berühmte Motion von Welcker zur „Vervollkommnung
der organisatorischen Entwicklung des Deutschen Bundes zur bestmöglichen
Förderung deutscher Nationaleinheit und deutscher staatsbürgerlicher
Freiheit" vor. Er forderte die Fürsten auf, Wort zu halten, denn:

„Ein heiliges Recht und eine heilige Pflicht hat das Deutsche Volk, eine
Nation, eine freie Nation zu sein, und sie will es!"

In Badenweiler forderte Rotteck am Pfingstmontag 1832 unter der schwarzrotgoldenen
Fahne die Lösung der deutschen Frage: „Ich bin für Deutschlands Einheit
, ich wünsche, verlange und fordere sie."

Petersburg, Wien und Berlin gefielen diese nationalen und freiheitlichen Töne
im Großherzogtum Baden nicht. Unter dem Druck der Großmächte wurde der
Großherzog gezwungen, seine Liberalisierung einzudämmen, weniger konstitutionell
zu denken und zu handeln. Doch auch in der Aera Blittersdorf war die
badische Opposition nicht untätig. Der Druck von oben zeitigte zwei Ergebnisse,
die die badische Revolution vorantrieb. Sie zwang die Opposition zum Zusammenschluß
, zur strafferen Organisation und sie ließ bei Teilen dieser Opposition
den Gedanken reifen, daß dort, wo alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht,
die Interessen des Volkes am besten gewahrt werden. Dies bedeutete die Forderung
einer deutschen Republik. Hecker und Struve waren die Wortführer dieser
Opposition in der Opposition. Sie geißelten jedoch nicht nur das System an. Als
entschiedene Vertreter der Volksrechte erkannten sie auch die soziale Verantwortung
für das Volk. Damit wurde der badische Landtag zum ersten deutschen
Parlament, in dem sozialdemokratische Forderungen vertreten wurden. Hier in
Baden, im Ständesaal zu Karlsruhe, steht darum die Wiege der deutschen Parteien.
Hier nimmt die deutsche Parteigeschichte ihren Ausgangspunkt. Hecker, Struve
und Brentano mobilisierten das Volk. Uberall wurden Volksvereine gegründet.
Im September 1847 trafen sich 5—6000 Menschen in Offenburg zu einer Volksversammlung
. Das erste politische — nicht revolutionäre — Programm der
badischen Demokraten wurde dabei verabschiedet. Im Oktober 1847 tagten dann
in Heppenheim die Gemäßigten. Auch sie erstellten ein Programm, das nur in
Nuancen abwich. Gemeinsam waren beiden Gruppen die Forderung der Pressefreiheit
, öffentliches Gerichtsverfahren, Reduzierung des stehenden Heeres, Einführung
der Volksbewaffnung und der Abbau der Feudallasten. In Offenburg
wurden zusätzlich als sozialdemokratische Thesen die „Ausgleichung des Mißverhältnisses
zwischen Kapital und Arbeit" und eine „volkstümliche Staatsverwaltung
mit Selbstregierung durch das Volk" gefordert.

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