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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
41.1979, Heft 1/2.1979
Seite: 85
(PDF, 39 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1979-01-02/0091
In Frankfurt tagte im Sommer 1848 die Nationalversammlung. Hoffnungsvoll
starrte das Volk dorthin und war bald enttäuscht von den Streitigkeiten und
Querelen. Mit Mühe konnten sich die Abgeordneten auf einen Reichsverweser
einigen. Viel Kampf gab es um den Katalog der Grundrechte der Deutschen und
um die Reichsverfassung. Das nationale und das demokratische Anliegen wurde
zerredet. Für Struve und seine Freunde war darum die Zeit gekommen, erneut
ein Zeichen zu setzen. Am 21. September drangen Freischaren entlang der Schweizer
Grenze in Lörrach, Säckingen und Laufenburg ein. Unter der Führung Struves
verbanden sie sich mit den Bürgerwehren und Struve proklamierte vom Lörracher
Rathaus aus die Deutsche Republik. Lörrach wurde Hauptquartier der provisorischen
Regierung. Im ganzen Oberrheinkreis läuteten die Freischärler die Sturmglocken
, besetzten die Amtsstuben, verhafteten regierungstreue Beamte, beschlagnahmten
die Kassen und ersetzten das großherzogliche Wappen durch die schwarzrotgoldene
Kokarde. Auch Teile des Schwarzwaldes wurden vom Aufruhr erfaßt.
Wieder ist das Ziel Karlsruhe. In Lörrach wurde der Zug organisiert. Struve
eilte unermüdlich von Ort zu Ort, Truppen aufzubieten, Amtsvorstände von der
Republik zu überzeugen. In Lörrach hatte er wenig Glück. Im Untersuchungsbericht
des Regierungskommissärs von Reitzenstein werden 7 Lörracher namentlich
genannt, „welche mehr oder minder bei dem Aufruhr tätigen Anteil genommen
hatten".

Die Behörden verhielten sich zurückhaltend. Sie waren zwar demokratisch gesinnt
, doch das Unternehmen Struve war ihnen zu abenteuerlich. Der Schopf-
heimer Bürgermeister schrieb darum seinem Steinener Kollegen: „Du weißt, mein
Herz ist deutsch und schlägt für die gute Sache wie irgend eins. Allein mit planlosen
Unternehmungen kann ich mich nicht befreunden. Morgen werde ich die
Gemeinde und die Bürgerwehr versammeln und mich dem Beschluß der Mehrheit
unterwerfen. Wer ziehen will, der ziehe in Gottes Namen. Er nimmt meinen
besten Segen, aber auch meinen gutgemeinten Rat mit." Dieser Brief widerspiegelt
die Unsicherheit im Volke und Ratlosigkeit spricht daraus.

Bei Staufen wurde am 24. September Struves Revolutionsheer von einer Ubermacht
gestellt und vernichtend geschlagen. Struve wurde in Wehr gefangen genommen
und in Freiburg am 30. März 1849 als Hochverräter zu 8 Jahren Zuchthaushaft
verurteilt. Damit war auch der zweite Versuch gescheitert, vom Volke
aus einen Anstoß zu geben, die Verhältnisse in Baden und in Deutschland neu
zu ordnen.

Der dritte und größte Versuch wurde im Mai und Juni 1849 unternommen.
Träger dieser badisch-pfälzischen Erhebung waren die Volksvereine und das
Militär. Und in diesem Frühsommer war die Resonanz beim Volke stärker. Der
Großherzog floh. Lorenz Brentano, Struve, Sigel waren die Führer. Den Oberbefehl
des Militärs übernahm der polnische Freiheitskämpfer Mieroslawski. Doch
auch diese Erhebung erstickte im Blut. Die Reaktion war stärker. Mit der Kapitulation
von Rastatt am 23. Juli 1849 war die badische Revolution beendet.

Ungebrochen war der demokratische Geist. Der preußische Befehlshaber in
Lörrach meldete im Dezember 1849:

„Die politische Gesinnung der Bewohner des Mittel- und Oberrheinkreises
und namentlich des Oberlandes seit Rückkehr von Gesetz und Ordnung,
günstig verändert zu nennen, ist man noch nicht im Stande."

Die Bevölkerung glaube nach wie vor, die Republik sei die beste Staatsform.
Als besonders schlecht gesinnte Orte bezeichnet er Weil, Grenzach und Inzlingen.

130 Jahre sind seitdem vergangen. Sie waren gekennzeichnet durch politisches
Tief und Hoch. Immer standen die Forderungen des Volkes, die der erste badische
Landtag 1818 formulierte, im Mittelpunkt des Geschehens. Die nationale Einheit
verwirklichte Bismarck. Die bürgerliche Freiheit, die politische und rechtliche
Gleichheit, die im Grundrechtskatalog der Paulskirche von 1848 erstmals in

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