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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
41.1979, Heft 1/2.1979
Seite: 121
(PDF, 39 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1979-01-02/0127
der Punkt 15 meiner Zusammenfassung zu sein, der auf die nur scheinbare
Kunstlosigkeit eines guten Textes hinweist.

3. Vorrede zu den Alemannischen Gedichten

Daß die Vorrede zu den Alemannischen Gedichten für unsere Belange etwas
kärglich ausgefallen ist, hat verschiedene Gründe: Einesteils war es in diesem Fall
nicht nötig, eine auftraggebende Behörde über Ziele und Methoden der Arbeit
zu unterrichten, andernteils reichte die ununterbrochene Beschäftigung mit der
Materie schon so lange Jahre zurück, daß der Dichter auch sich selbst gegenüber
auf eine schriftliche Rechenschaft verzichten konnte, und drittens — dafür könnte
das Fehlen einer eigentlichen Abhandlung ein neues Indiz sein — waren diese
Gedichte das seinem Herzen am nächsten stehende Werk, das er als Geschenk
der Muse empfand. Nirgends hält er mit seinen Aussagen so zurück wie hier.
Die veröffentlichten Hinweise, sofern sie nicht grammatischer Natur sind, beschränken
sich auf Andeutungen:

Für Freunde ländlicher Natur und Sitten eignet diese Gedichte ihr Inhalt
und ihre Manier. Wenn Leser höherer Bildung sie nicht ganz unbefriedigt
aus den Händen legen, und dem Volk das Wahre, Gute und Schöne mit
den heimischen und vertrauten Bildern lebendiger und wirksamer in die
Seele geht, so ist der Wunsch des Verfassers erreicht15).
Es wird deutlich, daß Hebel für die „Alemannischen Gedichte" ein ähnliches
Publikum im Auge hat wie für die Wochengebete: die Unverbildeten und die
auf dem Umweg über die Bildung wieder in den Stand der Unverbildung
Zurückgekehrten. Auch hier wird der Gedanke angetönt, daß das Geistige — „das
Wahre, Gute und Schöne" — in einem dem einfachen Leser vertrauten Gewände
dargeboten werden müsse, um überhaupt auf Verständnis stoßen zu können.

Nur in einigen wenigen Privatbriefen hat er sich eingehender über die Vorgeschichte
und die Entstehung der „Alemannischen Gedichte" geäußert. So schreibt
er beispielsweise am 28. Januar 1811 an den Präsidenten der Münchner Akademie
der Wissenschaften Friedrich Heinrich Jacobi:

[. . . J Ihr Beifall und Ihr Wohlwollen ist ein schönes und schmeichelhaftes
Geschenk für die alemannische Muse. Vielleicht ist es dem Manne, der mit
so philosophischem Geist die Entwicklung und den Gang des menschlichen
Geistes in seinen Individuen beobachtet, nicht unangenehm etwas von ihrer
anomalischen Geschichte zu hören. Schon als Knabe machte ich Verse.
Meine Muster waren das Gesangbuch und ein Manuscript, später Geliert,
Hagedorn und sogar Klopstock. Ie mehr mein Urtheil über Dichtwerk
reifte, desto mehr überzeugte ich mich von dem Unwerth meiner eigenen
und von dem Unvermögen besseres zu machen. Zuletzt hörte ich ganz auf
ohne Vorsatz, wie ich ohne Vorsatz angefangen hatte. Im 28st. Jahr, als
ich Minnesänger las, versuchte ich den alemannischen Dialekt. Aber es
wollte gar nicht gehn. Fast unwillkürlich, doch nicht ganz ohne Veranlassung
fing ich im 41ten Jahr wieder an. Nun gings ein Jahr lang
freilich von statten. Der Knabe im Erdbeerschlag war das erste, der Statthalter
das zweite, das Spinnlein das lezte. Ich glaube, daß ich noch lange
hätte fortfahren können. Aber seit die Gedichte gedruckt sind, thut die
Muse wieder kalt, als ob ich wider ihren Willen das Geheimniß ihrer
Gunst verrathen hätte. Wenn ich mich recht fühle und schätze, so kann ich
seitdem nur noch mich selber nachahmen m).
Aus diesem aufschlußreichen Brief lassen sich mindestens sechs für die besondere
Situation des Verfassers der „Alemannischen Gedichte" wichtige Aussagen
gewinnen. Da sich von ihnen auch Rückschlüsse auf die Kalendergeschichten

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