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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
41.1979, Heft 1/2.1979
Seite: 130
(PDF, 39 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1979-01-02/0136
b) Durch unpopuläre Inversionen, z. B.:

Wie traurig er aber auch bei dieser Nachricht müsse geworden seyn — kann
man sich denken. Statt: Man kann sich vorstellen, wie etc.
Ich citire übrigens aus dem Gedächtniß.

c) Durch unnöthige Parenthesen.

Und Du mein Kind — fuhr er fort, indem er sich an den kleinen Johannes
wendete — wie groß etc.
Am meisten aber

d) Durch häufige Tropen aus der sogenannten Kraftsprache, z. B.:

„Sie war ganz Freude, ganz Liebe, ganz Gebet. — Mit einem Herzen voll
Anbetung ging sie in den Tempel." Formen, zu denen der schlichte kühle
Mensch lacht, und die ich selbst im gebildeten Stil nie billigen würde. M)
In dieser Aufstellung sagt Hebel nur, was der Volksschriftsteller zu vermeiden
habe, was er leisten müsse, hat er in seinen eigenen Erzählungen und Aufsätzen
zu erfüllen versucht, und das Urteil von hundertfünfzig Jahren hat ihm recht
gegeben.

Man hat ihn selber bisweilen seinem Zeitgenossen Kleist gegenübergestellt64)
und ihm aufgrund des Vergleichs übermäßige Breite vorgeworfen. Hebel hat, wie
das Gutachten wiederum bezeugt, das Stilmittel ausführlicher Erzählung mit
größtem Bedacht gehandhabt und ist sich der Grenzen bewußt gewesen: Sie
liegen genau dort, wo das Selbstverständliche in den Blick gerät.

Es ist wahr, jede Erzählung, wenn sie interessiren soll, muß in ein gewisses
Detail gehen. Aber Schmidt umgeht so oft, wie absichtlich, die Data, die
ihm die Bibel dazu bietet, und umgiebt dagegen die Haupthandlung mit
Umständen, die sich zu sehr von selbst verstehen, als daß sie interessiren
könnten, z. B. Esau und Jacob wurden mit den Jahren größer, oder er
supponirt etwas, wozu wir, wenigstens wir Protestanten, keine Quellen
haben. Daher die ewig wiederkehrende und ermüdende Einflechtungs-
formeln, z. B. Gewiß wird er da gedacht, oder gesagt, oder das und jenes
gethan oder nicht gethan haben. Dieserlei Zusätze möchte ich wenigstens
nicht Detail der Geschichte nennen 65).
Wie bereits erwähnt, hat man Hebel bisweilen vorgeworfen, daß er die moralische
Ermahnung zu dick auftrage, und dabei nicht viel mehr als den eigenen
Mangel an Gespür für feine Ironie nachgewiesen 68). Gewiß ist Hebel Moralist
und sind seine Erzählungen Exempel, aber er hatte sich auch hier ganz klare
Vorstellungen gebildet über die Dosierung, die einen Extrakt zum Heilmittel oder
zum Gift machen kann 67).

Gar oft, wenn er in die gute Laune des Predigers kommt, findet er kein
Ende mehr und preßt den Apfel bis zur trocknen Trester aus. Man glaubt
bisweilen nicht mehr Geschichte sondern Betstundenvorträge über geschichtliche
Texte zu lesen. Conf. die Darstellung Jesu im Tempel. Je kürzer,
glaube ich, je körniger und sententiöser solche Bemerkungen sind, desto
fruchtbarer. Es ist zweierlei, einzelne Fruchtkörner quasi aliud agendo in
das aufgelockerte zarte Gemüth legen, und die ganze Emde darauf schütten.
Aber das erstere ist das Bessere. Die Emde wachst inwendig. **)
Zwar wird das Urteil über das richtige Maß mangels gültiger Kriterien von
Leser zu Leser verschieden sein. Was jedoch Goethe über die „Alemannischen
Gedichte" gesagt hat: „Der Verfasser hat nach unserem Gefühl das fabula docet
meist sehr glücklich und mit viel Geschmack angebracht" 69), gilt m. E. auch für
den Kalender.

Peter Katz, der Herausgeber der Hebeischen „Bemerkungen", führt in seinem
Kommentar überzeugend aus, daß sich der Verfasser gegen zwei Seiten abgegrenzt
habe. Die erste Abgrenzung liegt gegen den Sturm und Drang mit seiner Kraftsprache
, die „um der neuen Intensivierung des Seelischen gerecht zu werden" 70)

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