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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
41.1979, Heft 1/2.1979
Seite: 145
(PDF, 39 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1979-01-02/0151
Zusammenhang, in dem dieser Kommentar steht. Hebel macht sich hier Gedanken
über die Träume von seiner Mutter, aber über die Tatsache und die Art und
Weise ihres Auftretens geht er hinweg. Dagegen spricht er von äußeren Sinnenreizen
, die in diesem Zusammenhang kaum eine Rolle spielen, und gibt sich den
Ton eines nüchternen Aufklärers. Ist das Maske? Wehrt sich Hebel hier gegen
eine Überwältigung durch den Traum und versucht ihn naturwissenschaftlich
zu bannen? So könnte gerade das Zeugnis, das am ehesten für Hebels abgeklärte,
aufgeklärte Haltung gegenüber der phantastischen Welt des Traums zu sprechen
scheint, darauf hinweisen, daß er in ihr doch mehr als Sinnenreize der Retina
vermutete. Das könnte erklären, weshalb seine Aufzeichnungen phantastischer
sind, als es aufklärerische Traumtheorien zugelassen hätten.

7. Der Traum in Hebels Dichtung

In Hebels dichterischem Werk spielen Träume eine auffallend geringe Rolle.
Im „Schatzkästlein" findet sich nur die komische Geschichte vom „Vorsichtigen
Träumer" 67). Das ist überraschend, weil sich Hebel sonst um volkstümliche
Themen bemühte und der Traum sicher dazugehört. In den „Alemannischen
Gedichten" stehen zwei Träume, im „Karfunkel" der Traum Kätterlis von
ihrer Begegnung mit dem PaterM) und im „Statthalter von Schopf heim" der
Traum des Statthalters von seiner eigenen Schlachtung 69). Beide Träume sind aus
der literarischen Tradition zu erklären. Es sind prophetische Träume, als solche
gehören sie zum Epos, und um Kleinepen handelt es sich bei beiden Gedichten.
Hebel verwendet den Traum also nicht in romantischer Weise als Form zur
Gestaltung des Phantastischen, sondern in der von langer literarischen Tradition
legitimierten, als geheimnisvoll-deutende Vorausschau auf das Geschehen. Ein
eigenes Traumerlebnis läßt sich in Hebels Dichtung nicht erkennen.

8. Hebels Motive zur Traumauf Zeichnung

Aller Wahrscheinlichkeit nach hat Hebel erst im November 1804 mit der
Aufzeichnung seiner Träume begonnen, schon einige Zeit vorher mag er auf sie
aufmerksam geworden sein. Damit rücken wir zeitlich in die Nähe des rasch
zusammengebrochenen Schaffensrausches, in dem die Alemannischen Gedichte entstanden
. Zwar klagt Hebel schon 1802: „Der allemannische Pegasus will nimmer
fliegen" 70). Aber er quält sich offenbar weiter, denn eineinhalb Jahre später
gesteht er: „Ich getraue mir kein zweites Bändchen zu Stande zu bringen. Der
erste heilige Anflug des Genius ist schnell an mir vorübergegangen" 71). Aufgegeben
hat er aber immer noch nicht, denn 1804 erfährt Gustave Fecht: „Ich habe
nach und nach ein 2tes Bändchen von A. G. zusammenstoppeln wollen. Aber
dieser heilige Geist, der mich damals umschwebte, will nimmer über mich kommen
" Mit diesem Bekenntnis reichen wir ganz nahe an den Beginn der
Traumaufzeichnungen heran. Sollten sie ein Versuch Hebels sein, durch den Abstieg
in die eigene Seele den Dichter in sich wieder zu erwecken? Sollte er Jean
Pauls Satz „Der Traum ist das Tempe-Thal und Mutterland der Phantasie" ernst
genommen haben? Daß Hebel trotz der meist ironisch formulierten Klagen unter
seinem lyrischen Verstummen litt, zeigt die Beharrlichkeit, mit der er sich gegen
das Schweigen wehrte. Es fehlt nicht an Versuchen, einen Ersatz zu finden. Bekanntlich
arbeitete er sehr bereitwillig die „Allemannischen Gedichte" für die
dritte Auflage um und konnte sich so noch einmal in vergangene Zeiten versetzen
. Vielleicht versprach er sich davon auch eine neue Beschwörung des
„heiligen allemannischen Geistes", ähnlich wie er das früher bei anderen erhofft
hatte73). Nicht zuletzt blühte die Rätseldichtung, dieses „Urkräutlein von der

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