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Reiches genügend sicher geglaubt; außerdem hätte kein Großprior von Deutschland
die Rechte aufgeben oder Österreich überlassen können ohne die Erlaubnis
des Großmeisters und seines Rats, und er hätte sich der Gefahr ausgesetzt, alle
Würden und Vorteile zu verlieren und sich darüber hinaus noch Strafen zuzuziehen
. In Wirklichkeit werden sich aber die Johanniter nicht anders als die
übrigen Ständemitglieder im 15. Jahrhundert verhalten haben. Das Schweigen
der Akten über das 15. Jahrhundert und der endgültige Umzug des Großpriors
im Jahre 1505 nach Heitersheim deuten wohl darauf hin, daß irgendwelche Unstimmigkeiten
in Bezug auf landesherrliche Obrigkeit erst von dieser Zeit an
entstehen konnten. Die Nachrichten über Schwierigkeiten beginnen dann auch
erst 1507. Damals wurde der Großprior Johannes Hegenzer zu einem vorderösterreichischen
Landtag eingeladen. Er erschien mit Vorbehalt und wurde zuvorkommend
als erstes Glied des Prälatenstandes behandelt. Von österreichischer Seite
wurde dann später behauptet, der Großprior sei als ein Landsasse erschienen.30)
Die Johanniter entgegneten, „es ist ein großer Unterschied inter consiliarium
et subditum". Der Großprior habe damit keineswegs zugeben wollen, daß er für
sein ganzes Gebiet im Ereisgau ein Landsasse sei. Das beweise sein Vorbehalt. S1)
Die österreichische Behauptung, daß der Ordensmeister Rudolf von Werdenberg
(1482 — 1504) schon 1489 bei der Baselischen Fehde „das Haus Österreich pro
iudice erkandt, und auf desselben Anspruch sich berufen, auch in dero subscription
sich anno 1490 Hertzogen Sigismund von Österreich underthenigen gehorsamben
diener genandt, undt zugleich gebeten" habe, „Ihn als seinen Landtsassen bey recht
undt gegen gewalt zu schitzen" 32), wird von Heitersheimer Seite bestritten
(negatur absolute) 33). Es könne auch gar nicht so gewesen sein, denn „die Obriste
Meister als Administratores Ihres Priorats haben Ihren Dominis Directis und Prin-
cipalen nemblich dem Großmeister und seinem Consilio zu Malta nichts begeben
noch benemmen können".34)
1512 — 1546 war Johannes von Hattstein Großprior. Er regierte also 34 Jahre,
eine ungeheuer lange Zeit, wenn man bedenkt, daß jeweils der älteste Komtur in
Deutschland Großprior wurde. Hattstein wurde freilich fast hundert Jahre alt.
Er stammte aus einem rheinländischen Adelsgeschlecht und hatte schon 1480 die
erste Belagerung von Rhodos mitgemacht. 1519 wurde er zum Vorsitzenden der
kaiserlichen Kammer ernannt. 33) Wie schon erwähnt, ist ungewiß, ob nicht schon
er zum Reichsfürsten ernannt wurde. Jedenfalls stand er bei Kaiser Karl V. in
hoher Gunst, der ja auch den ganzen Orden 1530 nach dem Verlust von Rhodos
Malta als Ordenssitz anwies.
Direkte Akten über irgendwelche Differenzen mit der Ensisheimer Regierung
besitzen wir aus der Zeit Hattsteins wie für das ganze 16. Jahrhundert nicht.
Nach österreichischer Darstellung hat sich Hattstein 1529 in Ensisheim entschuldigt
, daß er den Beitrag zur Türkensteuer nicht leisten könne, weil er dem Orden
große Abgaben schicken müsse. 36) Er habe hinzugefügt, „was sonsten zur
Rettung von Landt und Leuth zu thun wäre, daß er solches mit gemeinen
Ständen gerne tragen wolle".37)
In Heitersheim dagegen wurde dieser Vorgang nicht als Entschuldigung, sondern
als Protest bezeichnet. Damals habe man die „landsfürstliche Oberhoheit
wider den Orden einführen wollen." M)
Nach einer Darstellung aus dem 18. Jahrhundert hat Karl V. 1540 ein heftiges
Mandat gegen die Verletzer der Ordensprivilegien gerichtet, in dem nicht nur
den Reichsfürsten, sondern ausdrücklich auch den Beamten des Hauses Österreich
verboten wurde, dem Orden weitere Lasten aufzuerlegen, besonders keine,
die den Privilegien widersprächen, mit der Beifügung, das Eingetriebene wieder
zurückzuerstatten. 39)
Wie bei Hattstein wird auch bei seinem Nachfolger Georg Schilling von
Cannstatt (1546—1554) eine Zahlungsweigerung von österreichischer Seite als
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