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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
41.1979, Heft 3/4.1979
Seite: 280
(PDF, 31 MB)
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Und Alban dachte in diesem Zusammenhang: Hermann Burte ist längst nicht
mit allem einverstanden, was so geschieht. Und seine impressionistische Art der
Malerei paßt den Herren sicher ganz und gar nicht. Landschaften sind nicht
brauchbar für Tendenz und Propaganda, und heroische Themen zu behandeln,
dazu ist er nicht bereit.

Freilich, der „Wiltfeber" war Wasser auf ihre Mühlen. Der Schmerz über das
niedergehende Volkstum gibt den Ton an. Als Wiltfeber Gerichtstag hielt, waren
alteBauerngeschlecher am Aussterben und Höfe am Untergehen. Das Buch war
mit heißem Herzblut geschrieben, mit elementarer Wucht im erkenntnisreichen
Sagen und Wollen. Welch hohe Zucht der Sprache! So hat Nietzsche seinen
Zarathustra geschrieben.

In die Politik hineingezogen zu werden, ist für jeden schöpferischen Menschen
gefährlich. Goethe sagte einmal: „Sowie ein Dichter politisch wirken will, muß
er sich einer Partei hingeben, und so wie er dieses tut, ist er als Poet verloren.
Er muß seinem freien Geist, seinem unbefangenen Uberblick Lebewohl sagen
und dagegen die Kappe der Borniertheit und des blinden Hasses über die Ohren
ziehen." Das Gedicht „Hebel rassisch", vorgetragen 1938 in Maulburg, also auf
dem Höhepunkt des Dritten Reiches, beweist aber, daß sich Burte nicht einfach
zum Werkzeug machen ließ und das Denken aufgab. „Wiltfeber" ist ein Kunstwerk
, geschrieben in Sorge um die Zukunft des deutschen Volkes. Wer konnte dem
Dichter dafür einen Vorwurf machen?

Dennoch mußte Burte die Stadt Lörrach, deren Ehrenbürger er war und wo
ihm der Flachsländerhof als dauernde Bleibe zugesprochen worden war, 1946
verlassen, nachdem er 9 Monate in Haft verbracht hatte. Die Säuberungskommission
des Badischen Staatskommissariates stellte dann im November 1949 fest, daß
Burte kein Unrecht begangen hat, für das er über seinen politischen Irrtum hinaus
zur Rechenschaft gezogen werden könnte, daß er auch niemanden aus politischen
Gründen menschlich geschädigt, sich hingegen vor 1945 für offiziell unbeliebte
Dichter und Schriftsteller eingesetzt hat. Dementsprechend wurde er in die
Gruppe der „Minderbelasteten" eingereiht.

Burte fand eine Bleibe im Markgräflerland in Kirchen. Und er resignierte nicht.
Er wurzelte weiter in geistigem Tun, dichtete, malte, zeichnete unermüdlich.
Wenn ihn auch einige Offizielle nicht mochten und in Gewesenem herum-
krämerten, einige Treue waren doch noch da im Lande.

Dann kam der Tag, an dem ihn seine Heimatgemeinde Maulburg heimholte und
ihm im alten Schulhaus Unterkunft gab. Sie ermöglichte dem alten Manne, daß er
sorgenfrei und geruhsam die letzten Jahre verbringen konnte — kaum einen
Steinwurf entfernt von dem Hause, wo er seinen Lebensweg begonnen hatte.

Am 9. Januar 1956 schrieb Burte an Alban Spitz: „Lieber Alban Spitz! Ich
danke Ihnen für Ihren schönen, lebensfrohen und selbstbewußten Brief vom
12. 12. 55. Es ist schade, daß Sie den Rank zu mir mit Ihrer Frau Tina nicht
gefunden haben. Wenn mich der Weg wieder über Minsein führt, werde
ich bei Ihnen ankehren.

Daß Sie immer noch an Ihrer Villa über dem Steinbruch weiterbauen, freut
mich, und Ihre Vielseitigkeit als Maler, Zimmermann, Gipser und Plattenleger ist
bewundernswert. Daß Sie nun auch Glasmalereien machen, ist weiterhin erstaunlich
. Am liebsten aber sind mir doch Ihre Holzschnitte aus der Pflanzen- und
Naturwelt der Heimat. Daß Sie ein ganz prächtiger Mann sind, den jeder liebhaben
muß, der rechte Menschen mag, ist ja unbestritten, und ich gehöre von
Herzen zu denen, die Sie hochachten und verehren.

Grüßen Sie Ihre liebe Frau und seien Sie selber mit den besten Wünschen
gegrüßt von Ihrem alten Burte."

Zum 80. Geburtstag rüstete Maulburg dem Heimgekehrten ein großes Fest, und
es zeigte sich, daß es doch eine große Gemeinde von Freunden weitum im Lande

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