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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
41.1979, Heft 3/4.1979
Seite: 331
(PDF, 31 MB)
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  (z. B.: IV, 145, xii)



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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1979-03-04/0135
IV.

Das Christentum hat im allgemeinen die Existenz der heidnischen Götter nicht
geleugnet. Es hat sie zu Dämonen herabgestuft, die Seelenheil und Wohlbefinden
der Menschen schädigen wollen 20). Entsprechend den Empfehlungen des Papstes
Gregor des L an die als Missionare nach England entsandten Mönche vom
Jahr 601 wurden anstelle und am Tag von heidnischen Opferfesten Kirchweihen
gefeiert, anstelle von heidnischen Heiligtümern wurden Kirchen gesetzt, die einem
dem dort früher verehrten Gott entsprechenden Heiligen oder Engeln geweiht
wurden, so anstelle von Wotan dem Erzengel Michael21), anstelle von Donar
dem heiligen Petrus ~). Nur über den Weg der Wortanklangsage ist wohl in der
Überlieferung die heilige Verena 23) zur Nachfolgerin der Venus geworden. Unmöglich
dulden konnte aber selbstverständlich das Christentum den Glauben an
Schicksalsgöttinnen neben dem allmächtigen Herrgott. Im Gegensatz dazu wurden
die Gestalten der niederen Mythologie wie die Matronen, zwar häufig als heidnische
, aber zum Teil den Menschen freundlich gegenüberstehende Wesen toleriert.
Und so konnten entsprechend der kirchlichen Tendenz anstelle der Mütterverehrung
ganz allgemein die Jungfrauenverehrung zu setzen, anstelle der Matronenverehrung
die Verehrung der drei Jungfrauen treten. Ihnen war die Ausübung der gleichen
Funktionen, die vorher die Matronen aus eigener Macht ausgeübt hatten, durch
Gottes Gnade verliehen worden 24). Die Legende hat sie miteinander durch Verwandtschaft
, oder durch ein gemeinsam miteinander erlittenes Schicksal, verbunden.
Zwar liegt zwischen den letzten steinernen Zeugnissen des Matronenkults und den
ersten schriftlichen Zeugnissen der Drei-Jungfrauenverehrung ein Zwischenraum
von 600 bis 700 Jahren. Angesichts des mangelnden aktiven kirchlichen Interesses
für diesen Kult haben die kirchlichen Schriftkundigen aber seine Übung offenbar
nicht für erwähnenswert gehalten. Über die Verhältnisse im Rheinland schreibt
Zender, der, im Gegensatz zu den anderen mit dem Thema befaßten, nur schriftliche
Zeugnisse auswertenden Autoren, sich auf Erhebungen bei der Bevölkerung
mittels volkskundlicher Fragebogen stützt25).

Die Kirche hat an der Verehrung der drei Jungfrauen von jeher weniger
Anteil genommen, als das Volk, zum Teil sie sogar abgelehnt26). Die drei
Jungfrauen werden fast ausschließlich in Filialkapellen, Nebenkirchen oder
in zu bestimmten Höfen und Gütern gehörenden Kapellen verehrt27). Diese
Kapellen waren dem kirchlichen Einfluß stärker entzogen als die Pfarrkirchen
, in denen die Verehrung der drei Jungfrauen fast ganz fehlt. Die
drei Jungfrauen sind zudem, selbst in den Kapellen, in denen sie verehrt
werden, nur höchst selten Kirchenpatrone. Man könnte daraus vielleicht
schließen, daß die Verehrung erst später aufgekommen sei. Aber die Orte,
in denen die drei Jungfrauen verehrt wurden, sind mit wenigen Ausnahmen
schon sehr früh erwähnt. Die Verehrung der drei Jungfrauen ist zudem
schon für das Jahr 1000 bezeugt und für 1200 durch Bildnisse erwiesen.
Zum Teil wurde die Verehrung der drei Jungfrauen überhaupt nicht in die
Kirchen aufgenommen, sondern blieb auf Wegestandbilder und hofeigene
Kapellen beschränkt, die noch stärker als die Filialkapellen und Neben-
kirchen außerhalb des kirchlichen Einflusses standen . . .

Gegenüber der außerordentlichen Zurückhaltung der kirchlichen Kreise
ist die volkstümliche Verehrung der drei Jungfrauen zum Teil bis heute
außerordentlich groß. Volkstümliches Brauchtum wie Pferdeumritt und viele
Sagen sind mit der Verehrung verbunden. Die Auffassung der drei-Jung-
frauen als Viehbeschützerinnen in der Trierer Gegend, in Weilerswist und
Thum und als Helferinnen der Frauen und Verleiherin der Fruchtbarkeit
im Jülicher Land und in Gondelsheim, läßt ältere Zusammenhänge vermuten
.

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