Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
41.1979, Heft 3/4.1979
Seite: 334
(PDF, 31 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1979-03-04/0138
Dorthin haben seit unvordenklichen Zeiten Wallfahrten stattgefunden, und noch
150 Jahre nach der Reformation im Jahre 1687 klagt der Pfarrer von Riehen,
daß oft Katholiken, um der St. Chrischona zu opfern, durch die Fenster in das
Kirchlein eindrängen 80).

Mit dieser Sage in Widerspruch stehen drei andere Sagen, die die heilige
Chrischona mit St. Margaretha und Odilia in Verbindung bringen, drei Sagen,
die ihrerseits auch miteinander nicht vereinbar sind, ein bei Drei-Jungfernsagen
durchaus nicht ungewöhnlicher Umstand. Diese Sagen sind sehr in Mißkredit
gekommen durch die Abhandlung von Pfarrer Linder in Riehen, daß die Sage
von den drei Jungfrauen auf ein Gedicht seines Amtsbruders Ludwig Friedrich
Dorn zurückgehe, der von 1849 bis 1867 Pfarrer in Weil am Rhein gewesen
ist61). Er hat angeblich schon in den 1840er Jahren, wahrscheinlich aber erst 1851 <!-
in einem Gedicht „Die drei Schwestern, Margaretha, Chrischona, Othilia" geschildert
, wie ein Ritter von Pfeffingen drei junge Männer enthaupten ließ, weil1
sie die Geliebten seiner drei Schwestern gewesen waren, die sich dann zu einem
heiligmäßigen Leben in die Einsiedeleien St. Chrischona, St. Margaretha, und
Tüllingcn zurückgezogen haben sollen. Die Vermutung von Pfarrer Linder ist
nicht richtig. Als Einsiedlerinnen sind die drei, Margaretha, Chrischona und
Othilia zum erstenmal bereits in dem von Markus Lutz verfaßten „Neuen Merkwürdigkeiten
der Landschaft Basel" vom Jahre 1805 erwähnt, also ein Jahr vor
der Geburt des Pfarrers Dorn. Dort schreibt Lutz, daß sich diese drei Einsiedlerinnen
täglich durch Signale grüßten. Er ergänzt seine Angaben in seinem
„Rauracis", Taschenbuch vom Jahr 1827" dahin, daß sie vom Pilgerzug der
heiligen Ursula zurückgebliebene Gefährtinnen gewesen seien. Diese Angabe wie-'
derholt C. G. Fecht in seiner Abhandlung „Die großherzoglich badischen Amtsbezirke
Waldshut, Säckingen, Lörrach, Schopfheim" vom Jahre 1859. In den
im Jahre 1851, also vielleicht gleichzeitig oder wenige Jahre nach dem Gedicht
von Pfarrer Dorn, veröffentlichten badischen Sagen gibt Bader die von Dorn
behandelte Erzählung als Volkssage wieder mit der Abweichung, daß statt der
Burg Pfeffingen die Burgen Mönchenstein und Reichenstein genannt werden, und
mit dem Zusatz — und das ist die dritte Version dieser Drei-Jungfrauen-Sage:
„Nach anderer Überlieferung waren die drei Schwestern Töchter eines heidnischen
Fürsten". Es ist doch sehr unwahrscheinlich, daß diese einander widersprechenden
Legenden in den evangelischen Gebieten des Markgräflerlandes und der beiden
Basler Kantone entstanden sind. Zwar ist auch im Bereich des Katholizismus
seit dem Spätmittelalter ganz allgemein die Heiligenverehrung rückläufig, die
Jungfrauenverehrung ist aber länger in Erinnerung und Bewußtsein des Volkes
lebendig geblieben. Dafür, daß wie Drinkuth 63) behauptet, die drei Jungfrauen
im Elsaß im allgemeinen Chrischona, Odilia, Margareta geheißen haben, habe
ich allerdings keine Nachweise finden können. Dagegen gibt Claus 64) eine gute
Anschauung über den Drei-Jungfrauenkult. Er berichtet von einem um das Jahr
500 bei Altkirch stehenden, Kunegund, Mechtund und Wibrand geweihten Altar,
und weist weiter hin auf „eine jetzt vergessene Kultstätte der drei Jungfrauen,
aber ohne Namen und ohne Kapelle. Im Wald Langenholz zwischen Wehrendshausen
[Wercnzhausen] und Haagental war ein, mit Kreuz versehenes umgittertes
Grab von drei Schwestern, die einst in einem Kloster wohnend, vor der Verfolgung
sich in den Wald flüchteten, und hier umgebracht wurden. An einer
alten Buche hingen viele Exvotos, auch eine Tafel mit ihrem Bild nebst ihrer
Mutter und einer kurzen Lebensbeschreibung". Ein Drei-Jungfernkult ist auch
von Johann Andreas Schenk in seinem 1628 veröffentlichten Werke St. Theo-
baldus für Thann bezeugt65). Und noch in den Jurablättern 1948 S. 153 berichtet
Baumann von einem an drei Grabstätten, in dem an die Gemeinde All-
schwil angrenzenden Wenswiler-Wald für die dort ermordeten Jungfrauen
Margaretha, Agathe, Apollonia ausgeübten Kult66). Anstelle von Apollonia wird

334


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1979-03-04/0138