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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
42.1980, Heft 1/2.1980
Seite: 157
(PDF, 39 MB)
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werden konnte. Dort sollten vorab Arme, Dienstboten, Handwerksgesellen,
aber auch Gemeindeangehörige im Falle ihrer Erkrankung Aufnahme finden.
Fürwahr damals eine Großtat freiwilliger Nächstenliebe und Selbsthilfe im
Rahmen einer bürgerschaftlichen Großen Koalition, damals vor eineinhalb Jahrhunderten
in einer Zeit ohne unser heutiges öffentliches engmaschiges soziales
Netz. Eine erstaunliche Bürgerinitiative tätiger Opferbereitschaft.

Beidek war kein alltäglicher Mann. Mit Hingabe widmete er sich der Geschichte
der engeren Heimat. Als einer der besten Kenner der Müllheimer Familiengeschichte
trug er liebevoll Stück für Stück Heimatgeschichte zusammen
und hinterließ sie uns wohlgeordnet. Schon früh erkannte er die Bedeutung des
Fremdenverkehrs. Er gründete einen Fremdenverkehrsverein und gab die ersten
Werbeschriften heraus. Auch sonst nahm er regen Anteil am öffentlichen Leben.
Dabei war er alles andere als ein kritikloser bequemer Jasager. Ihm, dem in der
Wolle gefärbten Liberalen, schwebte als Ideal die unmittelbare Demokratie nach
der Art der Schweizer Landgemeinde vor. Von unserer repräsentativen Demokratie
hielt er weniger und von ihren Ergebnissen manchmal gar nichts. So
lockte er oft wider den Stachel. Wie viele seiner Mitbürger war er eben mehr
dem Widerspruch zugetan als der Zustimmung. Selbst seinen Freunden hat er
es nicht immer leicht gemacht. Wer ihn aber näher kannte, erahnte hinter seiner
oft kompromißlosen Fassade ein wohlmeinendes Herz, das ihm — dem kinderlos
Gewordenen — besonders warm für anderer Leute Kinder schlug, die er
freigebig mit selbst gebasteltem Spielzeug erfreute. In einer rauhen Schale verbarg
sich ein weicher Kern.

Seine treue Lebensgefährtin, heimatverbunden wie er, war eine stille, allem
Schönen zugetane und allseits geachtete Mitbürgerin. — Mit diesen persönlichen
Erinnerungen sei dem Stifterehepaar Beidek-Scheffelt heute auch mit Worten
ein Denkmal des Erinnerns und des Dankes gesetzt.

Im benachbarten Raum finden Sie außer der Morat-Ausstellung und den Funden
aus der Römerzeit u. a. die Erinnerungsstücke an die Alte Post, errichtet
im Jahr 1745 von Georg Adolf Friedrich Heidenreich (1701 bis 1778). Er war
in einer Person Reichsposthalter, Gasthalter, Klosterschaffner und Inhaber des
angesehenen Amtes des Nachrichters. In allen 4 Sätteln war er gleich erfahren
und erfolgreich. Die wohlassortierten Tätigkeiten als Nachrichter, dem der
Strafvollzug oblag, sind in der Bestallungsurkunde eines seiner Nachfolger im
Müllheimer Scharfrichteramt, Frank, aus dem Jahr 1774 auf uns überkommen.
Schließlich zum 4. Schiverpunkt, zum Keller. Uber ihn will ich nicht allzu viel
verraten. Außer, daß wir die 2 großen Trotten, die wir neben vielem anderen
dem Altstadtrat Hermann Dörflinger verdanken, nicht ohne die Mitarbeit der
Männer des Technischen Hilfswerks hätten aufstellen können, denen an dieser
Stelle herzlich gedankt sei.

Die Einrichtung des Kellers ist vor allem dem unermüdlichen sachkundigen
Einsatz des einzigen in städtischen Diensten stehenden aktiven Kanoniers zu
danken, der mit seiner Kanone auch schon die gesamte eigene militärische Streitmacht
unserer Stadt repräsentiert. Es ist — wie Sie bereits erraten haben —
Kurt Hölzle, der Vielseitige. Er hat gemeinsam mit dem städtischen Schreiner
Ringer mit der Zeit gerungen, um neben den Exponaten im Keller auch die
Möbel in den oberen Räumen in langwieriger Arbeit liebevoll und fachmännisch
aufzuarbeiten.

Lassen Sie mich zum Schluß kommen, wenn es auch noch manches zu sagen
gäbe. Ich möchte unser Museum mit einer Sammellinse vergleichen. Wie durch
das Medium der Linse das zerstreute Licht im aufleuchtenden Brennpunkt verstärkt
wird, so sollen die verstreuten Zeugnisse aus Leben und Wirken unserer
Vorfahren und die immer dünner werdenden Rinnsale unseres Wissens um das
Brauchtum unserer Altvorderen hier gebündelt werden. Allzu leicht verdrängt

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