Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
42.1980, Heft 1/2.1980
Seite: 189
(PDF, 39 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1980-01-02/0195
Weinbehandlung verliert die bisherige Gleichgültigkeit. Das Geheimnis der Bereitung
,gallisierter Weine' wird bekannt und bald ist in der Weinfabrikation des
guten zuviel. Der Staat mußte in diesen ,Wettbewerb' hemmend eintreten, um den
Rebbauern zu schützen. Die Klagen über die Weinfälschungen führten zum Nahrungsmittelgesetz
vom Jahre IS79 und zu den Weingesetzen von den Jahren 1892
und 1901. — Und nun das Bild im Rebgebiet nach diesen Umwälzungen: Auf der
einen Seite der kapitalkräftige Weinbauer, der jeden Vorteil in vernünftigem Maße
ausnützt. Er hält seine Rebflächen in seiner Familie zusammen [vgl. o.], da er nicht
in Geldnot ist . . . Auf der andern Seite der Besitzer kleiner Flächen, der wirkliche
Rebbauer. Zu dieser Klasse gehören fast alle die kleinen Besitzer von Lehensreben
, die nun plötzlich Eigentümer wurden . . . die wenigen Jahre mit Vollherbst
und hohem Gewinn führen die ungewandten und nicht rechnenden ] = nicht rechnen
könnenden] Weinbauern leicht zu einer Uberschätzung der Durchschnittsrente.
So zerbröckelt der größere Teil unseres bäuerlichen badischen Rebbesitzes im Laufe
des 19. Jahrhunderts in kleine und kleinste Parzellen." Im Gegensatz zu Wald-
und Weidbesitz schob das Gesetz keinen Riegel dahinaus vor, als es ein Verbot
der Teilung unter ein bestimmtes Maß nicht aussprach. Erschwerend wirkte sich
auch die Tatsache aus, daß der Markgräfler Rebbauer einerseits doch sehr konservativ
und andrerseits die Mittel scheute, erprobte Neuerungen und Verbesserungen
anzuwenden. Mit dem Haustrunk und einer zu knappen Rente aus Verkauf oder
Versteigerungen ist es auf Dauer nicht getan. Zwar intensivieren sie ihre Arbeit,
doch setzen sie zu wenig auf Bekämpfung der Schädlinge. In die aufkommende Industrie
Abwandernde betreiben ihre Rebparzellen ohnehin nur mit der linken
Hand. Sie fügen sich notgedrungen der Preisbestimmung, wie diese auch den Kleinbetrieben
aufgezwungen wird. Kommt hinzu, daß die einzelnen Rebstücke sehr
zerstreut innerhalb der jeweiligen Gemarkung liegen, was die Arbeitsintensität
keineswegs fördert.

Hier erhebt sich auch erneut die Frage: „In welchem Verhältnis basiert der Weinbau
auf der sonstigen Landwirtschaft?" Fischer kann beruhigt feststellen: „Ein
Mißverhältnis der Rebfläche zur sonstigen landwirtschaftlichen Fläche ist (im
Markgräflerland) nicht vorhanden." In den Hauptweinorten allerdings gab es
mehr und mehr eine gewisse Prozentzahl, die den Weinbau als Monokultur wählten
, besonders hoch (bis zu 15 %) war diese innerhalb der Betriebe zwischen 2 und
10 ha. Totalausfälle und Mißjahre fielen in solchen Fällen stark ins Gewicht, zumal
dann, wenn keine anderweitigen Nebeneinnahmen hinzu kamen.

Im vierten Kapitel behandelt der Verfasser den „Verkehrsbodenwert der Rebgrundstücke
, Ertrag und Absatz des Markgräfler Weinbaus und die Frage seiner
Rentabilität im Amtsbezirk Müllheim". Fischer betont eingangs nochmals, daß die
Agrarfläche der meisten Gemeinden gleichbleibend war, ja daß er alles in allem
sogar einen leichten Zuwachs hatte (zwischen 1870 und 1920). Allerdings ist ir>
diesem Zeitraum „weit mehr Rebland an andere Kulturarten verloren gegangen . . .
Allein ein Blick auf die Rebberge zeigt die weiten und zahlreichen Lücken in manchen
Lagen, die dem Gartenbau, Ackerbau oder der Wiesenwirtschaft geopfert
wurden". Was wohl damit in Zusammenhang gebracht werden dürfte, daß man
sich enttäuscht darüber zeigte, wenn die investierte Arbeit nicht in jedem Jahr ihren
klingenden Lohn brachte. Dennoch muß festgehalten werden, daß das Weinbergareal
insgesamt sich nach wie vor in festen Händen befand. Somit blieb das
Angebot an brauchbarem Rebland in bescheidenen Grenzen, besonders dann, wenn
es sich um gute Ertragsjahre handelte. Zu solchen Zeiten erzielten auch weniger
wertvolle Rebparzellen erstaunliche Preise, die vorweg zu Arrondierungen und
zur Beschaffung von weiterem „Grund und Boden" für die Erben geboten wurden.
Allerdings mochten sich die kleinen Rebbauern auch nach schlechten Jahren mitunter
nur ungern von einem ihrer Stücke trennen: einerseits hegte man Hoffnung auf
ein neues ertragreiches Jahr, und zum andern mußte man der Existenz willen an

189


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1980-01-02/0195