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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
42.1980, Heft 3/4.1980
Seite: 212
(PDF, 32 MB)
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diesem Grund hielten sich Stilmerkmale auf dem Dorf viel länger, und so können
wir z. B. gotische Formelemente im ländlichen Raum bis in das 17. Jahrhundert
finden.

Im Bauernhaus erkennen wir die Urform des Wohnhauses, auch das Stadthaus
ist aus dem Bauernhaus hervorgegangen, und Holz ist einer der ältesten Baustoffe
hierfür. Zu den ältesten Techniken für den Bau eines Hauses gehört das Fachwerk.
Rechnen wir den frühgeschichtlichen Pfahlbau und die Blockbauweise hinzu, so
kann man die Vorstufen des Fachwerkes bis in die Jungsteinzeit zurückverfolgen,
also in die Zeit zwischen etwa 5000 bis 1900 vor unserer Zeitrechnung. Sicher
wirkte die Tradition des Pfahlbaus weiter in die späteren Geschichtsepochen und
war so auch für den frühmittelalterlichen Pfostenbau vorbildhaft. Seit dem 7. Jahrhundert
sind Holzbauten bezeugt, die auf eine Bearbeitung durch ausgebildete
Handwerker hindeuten.

Für den Bauernhof und das ländliche Haus war das Holz in vielen Regionen
das naturgegebene Baumaterial. So viele Blockhöfe und Holzhäuser es in mittelalterlicher
Zeit auch gegeben hat, so wenige sind indes erhalten geblieben, denn
Holz ist nicht nur ein rascher vergängliches Baumaterial als Stein, es ist auch gefährlicher
bei Feuer. Und Feuersbrünste haben ganze mittelalterliche Ansiedlungen
und Städte vernichtet, deren Häuser aus Holz und als Fachwerkbauten errichtet
waren.

So war auch in unserem Fall die ursprüngliche Bauart der Bauernhäuser im alemannischen
Raum die Holzbauweise, das Fachwerkhaus mit strohgedecktem Dach.
In abgelegenen Gebieten, wie im Schwarzwald, hat sich diese Holzbauweise in der
alten Form bis heute nahezu unverändert erhalten. Massive Steinbauten mit
Ziegeldächern waren selten und zeigten dann meist die Herrschaftsrolle an: Kirchen
, Burgen und Herrschaftssitze. Mehr und mehr setzten sich dann allmählich
massive Steinbauten durch. Das läßt sich zum einen mit Zeiten des Wohlstandes
erklären, zum anderen auch damit, daß schon sehr früh der kostbare Eichenbestand
in den Wäldern von den besitzenden Herrschaften unter Schutz gestellt wurde,
denn nur aus Eiche ließen sich Fachwerkhäuser dauerhaft herstellen. Massive Steinbauten
: Das waren in diesem Landschaftsraum ausnahmslos Außenmauern aus
Bruchsteinen, 60—70 cm dick. Zum Teil finden wir sie noch heute so exakt ausgeführt
, die Steine ausgewählt und behauen zusammengefügt, daß sie bei unverputzt
gebliebenen Ökonomiegebäuden fast als Trockenmauern anzusprechen sind,
d. h. Mauerwerk ohne Mörtel als Bindemittel. Diese Mauern sind unglaublich
arbeitsintensiv und wären — abgesehen von den nicht mehr vorhandenen handwerklichen
Fähigkeiten — heutzutage fast unbezahlbar. Die Innenwände wurden
als Riegel- oder Fachwerkwände ausgeführt. Sie waren — ganz gleich ob außen
oder innen — in der Regel 16—18 cm dick und ursprünglich mit einem Holzge-
llecht ausgefüllt, das beidseitig mit einem Stroh-Lehmgemisch ausgefüllt war. Vereinzelt
trifft man bei Hausrenovierungen noch auf diese alte Lehmtechnik.

Später gingen diese Ausfachungen allmählich in Bruchsteinausmauerungen über.
Der Ziegelstein hat sich hier erst relativ spät mit Ausgang des 19. Jahrhunderts
als Baustoff für die Wände durchgesetzt, wie fast in allen Gegenden, in denen es
brauchbare Steinbrüche gab. Auf den Dächern dagegen finden wir noch heute
handgestrichene Biberschwanzziegel, die die gotische Form aufweisen, also mehrere
hundert Jahre alt sind. Als die Außenmauern mehr und mehr massiv wurden,
fingen die Besitzer der Fachwerkbauten im vergangenen Jahrhundert damit an,
ihr Fachwerk verputzen zu lassen, um ihrem Haus den Anschein des massiven
Steinhauses zu geben, ein Bedürfnis, das den Fertighausbesitzern unserer Zeit nicht
fremd ist, denn die meisten Fertighäuser sind Holzkonstruktionen, die möglichst
wie ein Massivhaus aussehen sollen. Damit man dieses Holzfachwerk überputzen
konnte, wurde es „aufgebellt", d. h. so mit dem Beil aufgerauht, daß der Putz
auch auf dem Holz hält. Heute werden diese überputzten Fachwerkfassaden zu-

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