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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
42.1980, Heft 3/4.1980
Seite: 234
(PDF, 32 MB)
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Aufklärung über den kulturhistorischen Wert der Ortsbilder nicht nötig sein müssen
. Viele bauliche Veränderungen sind ohne Rücksicht auf dörfliche Besonderheiten
eine Verschandelung oder ganz einfach schlechte Architektur.

Eine Bewußtseinsbildung zur Erkenntnis der Werte des Dorfes ist in der Öffentlichkeit
in Ansätzen schon länger zu spüren. Die ins Auge springende Unzulänglichkeit
des Dorfumbaus trägt dazu ebenso bei, wie das wachsende Unbehagen an
den massierten vorstädtischen Eigenheimsiedlungen.

Für eine Landesentwicklungspolitik, die sich die Aufrechterhaltung der dezentralen
Siedlungsstruktur zum Ziel gesetzt hat, kann es nicht gleichgültig sein, ob
der weitere Funktionswandel der Dörfer zur teilweisen Entleerung, zum Überwuchern
durch städtische Wohnformen oder zum Ersticken im Freizeitrummel
führt.

Weitere Substanzzerstörung wird irgendwann auch die Lebensfähigkeit der ländlichen
Siedlungen beeinträchtigen. Der Erholungsort lebt zum Teil von seiner spezifisch
dörflichen Schönheit im Unterschied zum neu angelegten „Feriendorf", das
Wohndorf profitiert von den Vorzügen „dörflichen" Wohnens, zu denen Gesamtanlage
und Einzelbauten der bäuerlichen Epoche die wichtigsten Grundlagen geliefert
haben.

Nicht zuletzt durch das Dorfentwicklungsprogramm und seine Forderung nach
örtlichen Entwicklungskonzepten haben sich Architekten und Planer intensiv mit
dem Dorf beschäftigt. Sie haben dort mustergültige Formprinzipien der Architektur
und des Städtebaus entdeckt und verwirklicht gefunden, was sie im modernen
Gestalten häufig vermissen: Sicherheit in der Proportion, wirkungsvolle Schlichtheit
im Detail, Freude am Ornament.

Die Planungskonzepte geraten im ersten Schwung leicht in Gefahr, in ihren gestalterischen
Vorschlägen dörfliche Werte zu konservieren. Da aber eine Dorferneuerung
nicht ohne die Bewohner durchgeführt werden kann, wird das Konzept
schon nach den ersten Diskussionen und Beratungsgesprächen realitätsgerecht und
etwas großzügiger, es besteht nicht mehr auf der Unverrückbarkeit jeder Festsetzung
. Es wird aus einer Vorschrift zu einer Leitlinie, nach der jeder selber vorgehen
muß. Ganz ohne Widerstände läuft auch dies nicht ab.

7. Ein neues Verständnis für das Dorf wächst

Die Bauern sind zunächst behindert in der radikalen Modernisierung nach gültigem
Standard. Sie scheuen auch den Aufwand für etwas „Schöneres". Die Doppelbelastung
als Nebenerwerbslandwirt führt oft dazu, daß sie Pflegearbeit für ihr
Haus nicht aufwenden wollen oder können. Die neue Generation hat außerdem
andere Statussymbole. Indessen haben sie häufig mehr Verständnis für Baudetails
als sie selbst wahrhaben wollen — vieles ist zum Teil sehr schön hergerichtet —
und sind für Hinweise auf eine angemessene Gesamtgestaltung dankbar und zugänglich
.

Manche — vor allem ältere Bauern — beschämen den Planer häufig mit ihrem
Verständnis für ihre überkommenen Häuser, vermutlich weil sie sich noch in den
Denk- und Verhaltensformen der überkommenen Lebensweise bewegen. Die jüngere
Generation der Arbeitspendler im Dorf hat dagegen eine oft verbissen verteidigte
Vorstellung vom eigenen Heim, die sich an städtischem Komfort, Sauberkeit
und Pflegeleichtigkeit orientiert. Alu-Tür und Kunststoffenster (nie mehr streichen
!) gehören dazu, die Bäume müssen weg vor dem Einglasscheibenfenster für
viel Licht mit wenig Mücken.

Da wird noch ein Zimmer angehängt und dort noch ein offener Kamin eingebaut
— und was vom alten Haus noch bleibt, wird geglättet und gestrichen, damit
es aussieht wie neu.

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