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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
42.1980, Heft 3/4.1980
Seite: 314
(PDF, 32 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1980-03-04/0110
Um 1621 kamen die Hutterer aus Kärnten und Mähren über Ungarn nach
„7-bürgen", besonders in die Gegend von Weißenburg. Sie waren eine „Habaner
Brüdergemeinde", die den Wiedertäufern nahe standen. Ihr Begründer Jakob
Hutter — er stammte aus Südtirol und war Hutmacher — wurde 1536 in
Innsbruck als Ketzer verbrannt. Die Hutterer unterhielten ein kommunistisches
Gemeinwesen, verweigerten die Frühtaufe, den Eid und den Militärdienst. Sie
hatten eine berühmte Töpfer- und Fayencekunst, das „brüderliche Geschirr",
entwickelt. Da sie mit den Obrigkeiten vielfach in Zwistigkeiten gerieten, waren
sie wenig seßhaft, und zogen unter allergrößten Strapazen in die Moldau und
Walachei, in die Ukraine und von dort 1874 über Hamburg nach Amerika und
Canada, wo ein Teil Mennoniten wurden.

Siebenbürgen erhielt eine große Zuwanderung durch die Landler in den
Jahren 1717 bis 1790 in mehreren Zügen. Sie waren als „halsstarrige Protestanten
" aus dem Salzkammergut, Oberösterreich, Tirol, Kärnten und der Steiermark
, ihres Glaubens wegen, unter sehr harten Bedingungen aus ihrer Heimat
vertrieben worden. Sie siedelten sich — wohl insgesamt 6200 Personen — im
Großraum von Hermannstadt in Neppendorf, Großau, Heitau, Großpold und
Broos an. Sie haben ihre Eigenart und Sprache lange erhalten und waren als
besonders tüchtige Bauern und Handwerker sehr geschätzt. Ihre Sprache wurde
als „Kucheldeutsch" bezeichnet.

Der Fortbestand des sächsischen Volkes wurde sehr wesentlich unterstützt
durch die Zuwanderung der „Durlacher" und „Hanauer" vor 1724 und bis 1771
aus dem heutigen Badischen Land.

Ähnlich wie Siebenbürgen hatte auch das Land zwischen Rhein und Schwarzwald
durch den Dreißigjährigen Krieg und zahllose Plünderungen von durchziehenden
französischen, kaiserlichen und russischen Truppen bis zur Eroberung
von Freiburg 1730 und 1744 große Not gelitten. Auch hier gab es Mißernten,
hohe Schulden, Überschwemmungen, Armut, teilweise Leibeigenschaft, Hungersnöte
und Verluste an Menschen. „Das Land schrie nach Menschen".

Nach dem Dreißigjährigen Krieg kamen 1748 Tausende von Schweizern aus
den evangelischen Gegenden von Basel- und Bernbiet, Solothurn und Luzern
als Konvertiten ins Markgräflerland, Hanauerland und in den Kaiserstuhl. Sie
trugen zum Aufbau der zerstörten Dörfer in kurzer Zeit hilfreich bei. So
wurde das völlig zerstörte Dorf Gallenweiler bei Staufen rasch wieder aufgebaut.
In wenigen Jahren harter Arbeit kam es durch Kinderreichtum und viel Fleiß
zu gesunden Verhältnissen, ja zu einer Übervölkerung. Der vorher bestandenen
Not folgten Raumnot und Armut.

Da dem kaiserlichen Hof in Wien die Zustände in österreichischen Landen
wohl bekannt waren, versuchte man einen Ausgleich herbeizuführen. Es sollten
Siedler aus dem jetzt übervölkerten Baden ins menschenleere und wirtschaftlich
geschwächte Siebenbürgen geleitet werden. In den Chroniken werden besonders
die Generale Wurmser und Ried erwähnt, die im Auftrage der Krone Bauern
anwarben und ihre Auswanderungen nach Siebenbürgen vorbereiteten. Die
Generale residierten in Offenburg, und das erklärt die Anwerbungen im Durlacher
- und Hanauerland. Die Verlockungen und Versprechungen der Werber
waren so groß, daß besonders die ärmeren Bevölkerungsschichten von einem
„Emigrationsfieber" in Dörfern und Städten befallen wurden.

Um Mißverständnissen vorzubeugen, muß Folgendes erklärt werden. Die
hier verwandten Bezeichnungen Durlacher = Durlacenses und Hanauer =
Hanovienses (wie sie in Chroniken genannt werden) haben mit den Städten
Durlach bei Karlsruhe und Hanau bei Frankfurt am Main nichts zu tun. Es
handelt sich bei den Durlachern um Südbadener aus dem Markgräflerland —
südlich von Freiburg bis Basel, zwischen Rhein und Schwarzwald — mit den
Herrschaften Badenweiler, Sausenberg, Rötteln und der Herrschaft Hochberg

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