Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
42.1980, Heft 3/4.1980
Seite: 315
(PDF, 32 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1980-03-04/0111
bei Emmendingen. Der Name Durlacher kommt daher, daß die badischen Markgrafen
ihr Schloß ostwärts von Karlsruhe (1565 bis 1715) hatten, und so übertrug
man den Namen des Durlacher Hofes auf das Markgräflerland. Die Hanauer
siedelten rechtsrheinisch in der Gegend von Kehl, Lahr, bis vor Straßburg. Ihr
Landesname kommt von den Grafen von Hanau-Lichtenberg, denen die Ländereien
seit 1480 unterstanden und 1803 zu Baden kamen.

Die Durlacher und Hanauer gehören zum Stamme der Alemannen, der
einen erheblichen Teil zur Kolonisation in vielen Ländern beigetragen hat. Die
Auswanderer werden in verschiedenen Urkunden als Emigranten, Remigranten,
Transmigranten und Exilanten benannt.

Wir beschäftigen uns hier mit Auswanderungen nach „7-bürgen", die im
Wesentlichen um die Jahre 1724 bis 1771 stattgefunden haben. Die Verlockungen,
nach Siebenbürgen zu ziehen, waren so groß, daß man sogar von einer „Lustseuche
des Emigrationsfiebers" sprach. Bald machte diese Bewegung den Oberämtern
, den Hofräten und dem Landesherrn große Besorgnisse. Es wurden
Einschränkungen erwogen, da die Gefahr bestand, daß besonders tüchtige und
kinderreiche Bauern um die Ausreise ansuchten. Sie mußten sich vor der Abreise
von der Leibeigenschaft freikaufen, ihre Schulden und Auszugsgeld bezahlt
haben, und ihr Vermögen sollte nicht mehr als 200 Gulden betragen. Das
Freikaufen war recht schwierig und mußte viele — oft schikanöse — Instanzen
der Behörden durchlaufen. Leibfreien wurde die Erlaubnis großzügiger erteilt,
während zum Beispiel Hintersassen als Leibeigene viele Schwierigkeiten zu überstehen
hatten. Mit Kinderlosen und Liederlichen sollte man großzügiger verfahren
. Auch wurde den Emigranten angedroht, sie dürften bei einer Rückkehr
nicht mehr in ihren Dörfern siedeln. Vor den Ausreisen wurden kirchliche
Andachten abgehalten, das Abendmahl wurde gereicht, und man empfahl, die
Bibel mitzunehmen.

Nachdem so viele Auswanderer ihre Heimat verlassen hatten, drohte ein
Mangel an Arbeitskräften. Die Oberämter wurden beim Markgrafen vorstellig,
um die Emigration zu stoppen. Scharfe Maßnahmen sollten angedroht werden.
Es erschien 1768 sogar ein Edikt, das den Werbern „Leibes- und Lebensstrafen"
in Aussicht stellte. Uberführte Agenten sollten z. B. in Bayern binnen 24 Stunden
gehenkt werden, und in Straßburg wurden Galeerenstrafen vorgesehen, falls sie
ins Elsaß kämen. Trotzdem sollen unter den Hanauern auch Elsässer gewesen sein.

Wie diese Reisen mit Frauen, Kindern, Vieh, Hab und Gut im einzelnen
vor sich gegangen sind, ist nicht näher geschildert. Sie wurden dadurch erleichtert
, daß Dorfgemeinschaften und ganze Sippen auswanderten. Daher war
die Zusammengehörigkeit fester. Die Auswanderer zogen mit gedungenen Fuhrleuten
oder mit eigenen Gespannen bis Ulm und wurden dort auf die flachen
„Ulmer Schachteln" bis Wien oder Pest verladen. Der Fuhrlohn habe bis Ulm
je Zentner 4 Florenen und auf den Schachteln pro Kopf und Meile einen
Kreutzer betragen. Das Geld müsse man in Freyburg in Wechsel legen. Kaiserliche
Kommissare übernahmen die Betreuung der Weiterfahrt, sorgten für Verpflegung
und verteilten die Reisedokumente für die „Bostwägen" über Debrezin,
Klausenburg und Karlsburg bis Mühlbach. Die Fahrt soll von Wien sechs Wochen
gedauert haben. Die Emigranten waren angewiesen, im Frühjahr aufzubrechen,
damit sie die Wintersaat noch bestellen könnten. Auffällig war die große Anzahl
von ledigen Knechten und Mägden, die dann in Siebenbürgen in Bauernfamilien
heirateten.

Wie groß die Zahl der Auswanderer wirklich war, ist nicht genau festzustellen
, da die Angaben recht unterschiedlich sind und endgültige Zahlen
fehlen. 1726 kamen fünfzig Familien aus Franken nach Siebenbürgen, die vorübergehend
um Debrezin gesiedelt hatten. Von 1747 bis 1779 haben sich 135
Durlacher Familien niedergelassen, von denen 61 im Unterwald, in Tasnad, und

315


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1980-03-04/0111