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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
42.1980, Heft 3/4.1980
Seite: 340
(PDF, 32 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1980-03-04/0136
Uber die Herkunft der Pest war man sich sehr lange im unklaren. Viele
nahmen an, daß sie einfach schicksalsmäßig aus dem Innern der Erde ausbreche.
Andere wieder machten die Konstellation der Sterne dafür verantwortlich, wie
etwa ein Basler Mathematiker, der behauptete, daß die Pest immer dann entstehe
, wenn Saturn, Mars und Jupiter im Sternbild des Krebses, Widders oder
der Jungfrau zusammenträfen. Vorzeichen für ihren nahen Ausbruch sah man
in fallenden Kometen, unerhörten Donnerschlägen, Erdbeben, Sonnenfinsternissen,
Heuschreckenplagen, Mißgeburten sowie in der blutigen Farbe des Mondes. Viele
vermuteten auch, daß die Seuche von den Juden heimlich übers Meer gebracht
wurde, um die Christen zu verderben. Deshalb beschuldigte man diese dann vielfach
, ein geheimnisvolles, aus dem Orient stammendes Gift in die Brunnen
geworfen zu haben, und nur zu oft arteten diese Beschuldigungen in furchtbare
Verfolgungen aus. Infolge dieser Verdächtigungen wurden während der großen
Basler Pest (1347—1350) auch die Juden dieser Stadt auf einer Rheininsel in ein
Holzhaus zusammengetrieben und dort lebendig verbrannt 2).

Da man diese Krankheit auch oft als verdiente Strafe Gottes für die sündige
Menschheit ansah, zogen damals viele Geißler durch die Städte und Dörfer und
riefen die Leute zur Buße auf. Diese Asketen forderten radikale Veränderungen
des staatlichen und geistigen Lebens und nahmen meist auch scharf Stellung gegen
den damaligen Klerus. Oft stachelte diese Büßerbewegung die Bevölkerung auch
gegen die Juden auf.

Als Hauptmittel zur Bekämpfung der Pest betrachtete man das Räuchern der
Wohnungen. Dazu verwendete man im allgemeinen Wasser und Vitriol, das man
dann mit Hilfe eines glühend gemachten Ziegelsteines verdampfen ließ. Um die
durch die Pest dick gewordene Luft zu reinigen, gebrauchte man auch Rauchkerzen
und viele aromatische Stoffe, wie etwa Mastix, Rosmarin, Salbei, Majoran,
Sölplinkraut, Wacholderholz, Wermut, Muskatnuß und Sauerampfer. Zum vermeintlichen
Schutz vor der Pest trug man auf der Brust sogenannte Herzsäckchen,
die mit aromatischen Stoffen gefüllt waren. Um den Hals hing man in Leder
eingenähte Haselnüsse, in denen sich Quecksilber und Arsen befand. Um sich vor
Ansteckung zu schützen, trug man außerdem noch vor Mund und Nase Tücher,
die mit Rautenessig, Kampfer und Theriak genetzt waren 3).

In ihrer Not schuf sich die Bevölkerung auch sogenannte Pestpatrone, wie z. B.
die Heiligen Sebastian, Rochus und Karl Borromäus, die man um Hilfe vor der
Pest anflehte.

Nach diesen allgemeinen Bemerkungen wollen wir nun den Verlauf der Grenz-
acher Pest vom Jahre 1629 anhand der Kirchenbucheintragungen verfolgen 4).

Am 3. Juli stoßen wir dabei auf folgenden Vermerk: „Andreas, ist Hans
Heuser, des Küehirten Stieffsohn gewesen, so Mittwochs abendts zuvor gestorben".
Bei diesem Todesfall scheint man anfangs noch nicht gewußt zu haben, daß es
sich um ein Opfer der Pest handelte, denn erst nach der Aufzeichnung der folgenden
Verstorbenen wurde dann mit der dort verwendeten dunkleren Tinte hinter
dem Eintrag vom 3. Juli vermerkt: „Hic posterior peste extinetus est" („Dieser
letztere ist an der Pest gestorben".) Der damalige Pfarrer, Magister Hinderecker,
fährt dann in seinen Eintragungen wie folgt weiter: „Montag den 13 Julii ist
gestorben Sara, so bey sein Vettern Matthis Fischer alhier gewesen, und Dienstag
den 14 frühe am tag begraben worden. Peste interiit" („Starb an der Pest").
„Mittwoch den 15 Julii in der Nacht umb zwey Uhren vor tag ist gestorben
Madien des Kühehirten stiefftochter eodem, quo duo priores, morbo extineta"
(„an derselben Krankheit verstorben wie die zwei früheren"), und selbigen tags
spat uf die nacht umb Bettzeit begraben worden".

Etwa zwei Wochen lang wurde nun kein Pestfall mehr verzeichnet, doch Ende
Juli bricht dann die Seuche mit um so stärkerer Gewalt aus. Am 29. Juli stirbt
Maria Hertzigin und am 30. Juli Bärbel Soldnerin sowie das neugeborene Kind

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