Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
42.1980, Heft 3/4.1980
Seite: 346
(PDF, 32 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1980-03-04/0142
auf die ältesten Feuerbräuche auf Anhöhen zurück, auf denen die Sonnwendfeuer
entzündet, die Scheiben geschlagen oder große feurige Räder ins Tal gelassen
wurden. Die Maskenfiguren der Fasnacht waren ursprünglich wilde Schreck- und
Dämonenfiguren, der Wilde Mann mit seiner Frau, Tier- und Dämonenverkörperungen
. Der Narr an der Fasnacht ist eine mehr städtische Figur, die
ihre Rolle an den Fasnachtsgerichten, den Narrengerichten späterer Lustbarkeiten
zu spielen hatte. Mit der Flurnamengebung hatten sie schwerlich noch
etwas zu tun. Immerhin wäre im Einzelfall zu prüfen, ob bei diesen Narrenbergen
und Varren-Fluren die Fasnacht im Spiel gewesen sein kann, oder ob
nicht vielmehr die Deutung zutrifft, wie sie in der Flurnamenkunde belegt ist,
es handle sich um trockene, unfruchtbare, steinige Berge und Flurstücke.

Die großen Wörterbücher sind auf die einzige Bedeutung von Narr zur Charakterisierung
unvernünftiger Menschen fixiert und brauchen Formulierungen wie
Heyne „Spaßmacher, Schalksnarren, zunächst im Mittelalter an fürstlichen Höfen
(zu welcher Stellung im Anfang und auch späterhin vielfach schwachsinnige
Menschen genommen wurden, an denen man sein Mütchen kühlte)" und anders
ähnlich ausgedrückt. Hier hat nun der Volkssprachler und Volkskundler darauf
hinzuweisen, daß das Wort Narr, auf den Menschen angewendet, auch kleine,
mißgestaltete, oft geistig unentwickelte, kaum zu einer produktiven Tätigkeit
fähige Leute gemeint hat, wie alte Narrendarstellungen zeigen. Sie hatten ein
unbarmherziges Leben vor sich, einen richtigen Beruf zu erlernen war ihnen wohl
nur selten vergönnt, so mußten sie schließlich froh sein, vor allem wenn sie
geistig normal entwickelt waren, Hofnarren zu werden oder wenigstens Schalksnarren
im Volksschauspiel, im Zirkus und auf Jahrmärkten.

Deshalb meinen wir, daß die geschilderten Bedeutungen aus der Natur —
Unfruchtbarkeit von Gelände, unentwickelte, mißgebildete, abgestorbene Früchte
— die weitaus ältesten Bilder für das Wort Narr und damit auch namengebend
für die auf den Menschen übertragenen Bedeutungen gewesen sein müssen. Zu
etymologischen Ableitungen aus älteren Sprachzuständen können wir freilich
auch nichts beitragen. Da es den Narr schon im Althochdeutschen als „narro"
gegeben hat, ist eigentlich kaum einzusehen, daß es aus dem Latein abzuleiten
sein soll. Das Althochdeutsche war die erste überlieferte Schriftform der Volks-
sürache (von den Runendenkmälern abgesehen), während die aus dem Latein
überkommenen Wörter als Fachausdrücke meist erst aus dem herrschaftlichen
Latein des Mittelalters, sei es der Kirche, sei es der weltlichen Herren, stammen
dürften. Daß aber das lateinische „närio" auf eine gemeinsame ältere Wurzel
mit unserem Narr zurückgehen könnte, ist leicht vorstellbar und unwillkürlich
denkt man dnbei an Hauffs Märchen vom Zwerg Nase.

Anmerkungen

(1) Verfasser: Dr. Karl Fr. Eisner, Weil am Rhein

(2) Hubert Baum, Alemannisches Taschenwörterbuch für Baden, Freiburg 1972

(3) Kluge Goetze. Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, Berlin 1951

(4) Moriz Heyne, Deutsches Wörterbuch, 2. Aufl., Leipzig 1906

(5) Gerhard Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Gütersloh, Berlin, München, Wien 1975

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