Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
42.1980, Heft 3/4.1980
Seite: 351
(PDF, 32 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1980-03-04/0147
Entwicklung von Städten und Wirtschaft im hohen und späten Mittelalter brachten
die Notwendigkeit, schon um jedes Rechtsgeschäft zu sichern, den Rufnamen
unterscheidende Beinamen zuzufügen, die dann seit dem 13. Jh. auch nördlich
der Alpen Familiennamen wurden. Im Mittelmeerraum hatte das Städtewesen
mit Handel und Gewerbe eine sehr viel ältere Tradition, so daß dort auch die
Zweinamigkeit sehr viel älter ist. Für den deutschen Sprachraum nimmt man
aufgrund der Quellenlage an, daß sie sich zuerst seit dem Ende des 10. Jh. beim
Adel, bei bürgerlichen, städtischen Familien etwa seit dem 12. Jh., bei der ländlichen
Bevölkerung seit dem 13. Jh. entwickelt habe. Diese Reihenfolge hat erfahrungsgemäß
etwas für sich. Die namenkundliche Literatur stimmt darin überein,
daß das italienische Beispiel durch die kaiserlichen Italienzüge bei uns bekannt
und allmählich übernommen wurde. Dies ist durchaus wahrscheinlich. Gegen die
ebenso allgemein vertretene Ansicht von der zeitlichen Abfolge der Übernahme
der Zweinamigkeit kann jedoch geltend gemacht werden, daß diese Zweinamigkeit
nicht erst allein dem Adel aufgefallen sein kann. Selbstverständlich waren
an diesen Heereszügen in viel größerem Umfang Leute aus Stadt und Land
beteiligt, die dem Adel nicht angehört haben. Zweifellos sind alle vier Stände
gleichzeitig mit der neuen Art der Namengebung bekannt geworden. Die zeitliche
Verschiebung in der Übernahme, die wir den Urkunden glauben entnehmen
zu müssen, hat jedoch rein statistische Gründe. Die erhaltenen Urkunden des
11. Jh. sind fast ausschließlich Urkunden hochadliger Familien, im 12. Jh. beginnen
die städtischen Urkunden zuzunehmen, und die Urkunden, die uns nicht
nur Zahlen von Bauern, sondern auch deren Namen nennen, beginnen im 13. Jh.
Das heißt, daß die Menge der jeweils erhaltenen Urkunden im umgekehrten
Verhältnis zur Zahl der in den vier Ständen verkörperten Menschen steht. Wenn
es daher z.B. im 11. Jh. nur Urkunden adliger und kirchlicher Herkunft gibt,
die weder bürgerlich städtische noch ländliche Familiennamen der beiden nichtprivilegierten
Stände nennen, ist der Schluß nicht zulässig (die Tatsache selbst
freilich nicht ausgeschlossen), daß solche Namen nicht existiert haben. Richtig
ist jedenfalls nur die Feststellung, daß man sie aus diesem beschriebenen Grunde
nicht früher nachweisen kann.

Ähnlich ist es nun mit der Quellenlage für die frühe bürgerliche Familiennamen -
gebung im Verhältnis von Stadt und Land. Gewiß haben die Städte für die
Ausbildung vor allem der Berufsnamen und für die Erforschung des Festwerdens
der Familiennamen seit dem 13. u. 14. Jh.6) eine nicht zu übersehende große Rolle
gespielt. Wenn wir aber vom Lande sehr viel weniger Belege vielseitiger Namen-
gebung haben, so liegt dies daran, daß die Archive der Dörfer und kleinen
Landstädtchen bei uns den 30jährigen Krieg meist nicht oder nur mit Restbeständen
überstanden haben. Im übrigen darf man die regionale Mobilität
zwischen Land und Stadt weder zu Zeiten des Landesausbaues noch der gewaltigen
Entwicklung von Gewerbe und Bildung seit dem 15. Jh. übersehen.

Die große soziale Mobilität jener Zeit zeigen am besten die Universitätsmatrikeln
. Gerade dafür bieten die Namenbestände in den ältesten Matrikeln 7)
ein reiches Material. Allerdings sind die Namen nur indirekte Belege, die mit
Vorsicht zu behandeln sind, denn die Berufe der Väter sind meist nicht ausdrücklich
angegeben. Aber die Nähe des Festwerdens der FN läßt Rückschlüsse auf
die berufliche Herkunft über die Berufsnamen zu. Leider ist die geographische
Bestimmung der Herkunft oft nicht möglich. Selbst wenn Ortsnamen angegeben
sind, kann man nicht sicher sein, ob nicht einfach der nächstgrößere bekannte Ort
angegeben worden ist. Dies ist vor allem der Fall, wenn sich der Student an
einer von seiner Heimat weiter entfernten Universität einschrieb. Aus diesem
Grund ist schwer zu entscheiden, welche Studenten aus der bäuerlichen Bevölkerung
und welche aus regionalen Zentren stammen. Dazu kommt das häufige
Mehrfach-Vorkommen gleicher Ortsnamen 8).

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