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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
43.1981, Heft 1.1981
Seite: 24
(PDF, 31 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1981-01/0026
Siedelungszonen der Cortaillod-Kultur. Sie hat besondere Beziehungen zu östlichen
Gruppen im österreichischen Raum und von dort verschiedene kulturelle Anregungen
aufgenommen (unter ihrem Kulturinventar wurden Metallschmelztiegel und Kupferbeile
gefunden).

Eine ihrer interessantesten Dorfanlagen, eine Moorsiedelung bei Thayngen/Weier,
Kt. Schaffhausen, mit drei übereinanderliegenden Siedelungskomplexen aus der Zeit
2700-2500 v. Chr., wurde sehr eingehend untersucht (Abb. 15c). Man nimmt an, daß es
sich bei der Thaynger-Bevölkerung um »Wanderbauern« handelt. Sie wechselten ihre
Siedelungsplätze nach Erschöpfung der umliegenden, landwirtschaftlich genutzten Felder
, um in der Nähe neue Wirtschaftsflächen durch Brandrodung zu erschließen, und
zugleich auch neue Wohnplätze mit Dorfcharakter anzulegen. Diese auf Verarmung der
Böden ausgerichtete, landwirtschaftliche Anbaupraxis, führte zu einem etwa 40-jährigen
Wanderrhythmus. Nach Jahrzehnten kehrten sie wieder zu den primär gegründeten
Siedelungen zurück. Die bodenverbessernden Vorgänge der Düngung waren ihnen noch
unbekannt. Wie der Hausbau zeigt und auch die Holzgeräteherstellung, besaßen sie eine
intime Kenntnis der Holzsorten und ihrer Verwendungsmöglichkeiten, die ihnen der
umgebende, ursprüngliche Wald lieferte.

Zur Deckung des Nahrungsmittelbedarfs (in Form gekochter Pflanzennahrung) hatten
sie verschiedene Getreidesorten im Anbau: Zwergweizen, Emmer und Gerste. Als
Gespinstpflanze ist Lein, als ölliefernde Pflanze Mohn nachgewiesen. Es wurde Groß-
und Kleinvieh gehalten: Rind, Schwein, Schaf, Ziege. Nach F. Guyan49) waren diese
Bauern eine autarke Primitivgesellschaft mit einer Familien oder Sippen umfassenden,
strafferen Organisation, die sich im Bau der gemeinschaftlich errichteten Dorfanlagen
spiegelt. Erstes dörfliches, spezialisiertes Handwerkertum hatte sich gebildet, wie Töpferei
und Schnitzerei. Für die schon relativ aufwendigen Wohnbauten (Abb. 15d) benötigte
man möglicherweise bereits geübte Bauhandwerker, da der landwirtschaftliche Anbau
seine Arbeitskräfte brauchte, um den Bedarf an Lebensmitteln von einer Ernte zur
anderen decken zu können. Tauschhandel ist bekannt (sogar mit Keramik). Technische
Neuerungen, wie erste Kupferbeile, waren begehrt.

Im Gegensatz zur Michelsberger-Kultur zeigte die Pfyner-Kultur keine Tendenz zur
Entwicklung von Regional-Gruppen (es wird nur eine ältere, mittlere und jüngere Entwicklungsphase
unterschieden). Unter ihrem relativ reichhaltigen keramischen Inventar
sind auch kleinere trichterbecherartige Gefäße (Abb. 15b; J. Wininger, a. a. O. 1971,
Taf. 5, 3) vorhanden, die mit dem Homburg-Becher in Beziehung gesetzt werden könnten
, (Abb. 22a, b) wenn nicht seine endneolithische Zeitstellung dagegen sprechen würde
. Aus der mehr zufälligen Gefäß-Konkordanz lassen sich keine historisch-kulturellen
Schlüsse ziehen. Das Ende der Pfyner-Kultur ist ebenso wenig geklärt wie seine Herkunft
. Nach VC'. Drack ,: »verliert sie sich nach der Mitte des 3. Jahrtausends v. Chr.«
Auch die Cortaillod-Bevölkerung und ebenfalls die Dickenbännli-Gruppe sind zu dieser
Zeit kulturell nicht mehr faßbar.

Am östlichen Hochrhein, dem nördlichen Bodensee, in der Nord- und Zentralschweiz
breitete sich, möglicherweise noch während der spätesten Siedelungsphase der
Michelsberg-Pfyner-Kultur (ca. 2300 v. Chr.), eine neue, fremde Bevölkerungsgruppe,
die Horgener Kultur (nach einer Übersiedelung b. Horgen, Kt. Zürich (Abb. 16a) aus,
deren Herkunft aus Nordfrankreich möglich, aber nicht absolut gesichert ist"1' . Im
Markgräflerland fehlt sie bisher. Es ist auffällig, daß die Horgener-Bevölkerung - nach
W. Drack52' - viele Dinge der Pfyner-Kultur, mit Ausnahme der Keramik (Abb. 16b),
übernommen hat, ohne daß der ethnische Vorgang vorerst zu klären wäre.

Man muß den Vorstoß der Horgener-Kultur vielleicht als den Beginn bedeutender
Siedelungsbewegungen erkennen, die im Lauf der nächsten Jahrhunderte die gesamte
kulturelle Situation im Südwest-Raum allmählich verändern sollten. Denn vor dem Ende
des 3. Jahrtausends v. Chr. trafen Angehörige des sehr viel größeren, dynamischen,
kulturellen Verbandes, der sogenannten Schnurkeramik, die als bäuerliche Viehzüchter

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