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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
43.1981, Heft 1.1981
Seite: 136
(PDF, 31 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1981-01/0138
als terra omnium leicht eine terra nullius werde, d. h. daß sich niemand um sie kümmere
und der Boden so gut wie der Baumwuchs verkämen. Das mag zutreffen; dennoch muß
man sehen, daß die Haltung von Kleinvieh den Taunern eine wesentliche Verbesserung
ihrer Lebensumstände brachte, und bei einer Aufteilung der Allmend kamen sie wohl
überall zu kurz, wenn diese nach Maßgabe des Flurbesitzes geschah, ja sogar, wenn das
Prinzip der Häuser zugrundegelegt wurde, denn die Tauner lebten, wie wir sicher wissen
, meist sehr gedrängt, d. h. mehrere Haushaltungen in einem Haus. Es gab also einen
Konflikt um die Allmendnutzung, der zwischen Bauern und Taunern lief, und dabei war
es natürlich von größter Wichtigkeit, wer die besseren Beziehungen zur Obrigkeit hatte,
und das heißt, wer über die Ämter im Dorf verfügte und damit in ständigem Kontakt mit
dem Landvogt stand.

Ein anderer Konflikt, der sich aus der Flurordnung ergab, war der um Brachweide
und Stoppelweide. Brachweide ist die Ernährung von Vieh im brachliegenden Drittel der
Ackerflur. Hier gab es die gleichen Diskussionen wie bei der Allmend; die Bauern erkannten
schon relativ früh, daß der wenige Mist, der hier zufällig liegenblieb, gar nicht
so viel zur Regeneration des Bodens beitrug; sie sind dann die Verfechter der Stallfütterung
geworden und wollten in der Brache Futtergräser anbauen, die den Boden im Sinne
des Fruchtwechsels ebenfalls regenerierten; die Tauner aber besaßen kein Großvieh und
waren vor allem an der Fütterung ihrer Ziegen und Schafe in der Brachweide interessiert;
wegen ihrer geringen Anteile am Flurland lag ihnen an einer Bepflanzung der Brache weniger
als an dieser Weidemöglichkeit, bei der ihnen ja eben auch das Land zugute kam,
das sie selber nicht besaßen. Stoppeln-eide ist das Weiderecht aller Dorf genossen auf den
Äckern nach der Ernte am Beginn des zweiten Erntejahres, d. h. von der Aberntung des
Wintergetreides bis zur Aussaat des Sommergetreides im nächsten Frühjahr (Atzungsrecht
). Hier hatten die Bauern vor allem das Interesse an der Pflege ihres Bodens; es galt
als günstig, ihn mehrmals umzupflügen — die Stoppelweide setzte aber voraus, daß auf
diesem Boden eine Adventiv-Flora aufkam und als Viehfutter diente. Außerdem beklagten
sich die Ackerbesitzer immer wieder, daß das Gewicht der Tiere den Ackergrund
festtrete und damit der notwendigen Lockerung der Erde entgegenwirke. Dieselben
Klagen wurden gegen die Brachweide angeführt. Man erkennt also in vielen Zeugnissen
der Zeit einen zähen Kampf der Taunerschicht um diese alten Rechte und einen Versuch
der Bauern, diese mit der Zeit einzuschränken. Die Einschlagbewegung, welche im späten
18. Jahrhundert mit Macht eingesetzt hat, war in gewissem Sinne ein Erfolg dieser
bäuerlichen Politik, weil die Schaffung von Einschlägen in der Flur, die weder der Stoppelweide
noch der Brachweide unterlagen, ja nicht einmal die Dreijahresrotation befolgen
mußten, dem bäuerlichen Stallhaltungswillen entgegenkamen; ich habe die Vermutung
, daß diese Innovation nur möglich wurde, weil die neu entstehende Schicht der
Heimindustriearbeiter ebenfalls an Einschlägen interessiert war, in denen sie Kartoffeln
pflanzen konnte. Für solche Zusammenhänge habe ich allerdings nur Beweise aus der
Basler Landschaft.

2. Bauern und Tauner in der bäuerlichen Zusammenarbeit

Die Tauner hatten ihren Namen von Taglohn; sie waren also nicht nur Kleinbauern,
sondern auch tagweise bei den Bauern beschäftigt. Uber die von ihnen verlangte Arbeit
und über die Lohnverhältnisse weiß man wenig; eine schöne Scheibe aus Grafenried von
1785 (publ. bei P. Zryd) zeigt, daß zum Pflügen zwei Personen nötig waren, von denen
die vordere, welche die Pferde führt, ein Tauner sein könnte — man glaubt, Unterschiede
in der Kleidung zu bemerken. Das Pflügen war aber eine sehr häufige Beschäftigung, geschah
z. B. im Brachejahr mindestens viermal. Außerdem wurden die Tauner in den Zeiten
der Kornernte und der Heuernte eingesetzt; man beachte, daß das Wort »Mähder-
Taue«, Mähder-Tagwerk, geradezu zum Flächenmaß geworden ist, und darin ist ja die
Anspielung auf den Tauner hörbar. Man muß sich einmal überlegen, wie sich solche

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