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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
43.1981, Heft 1.1981
Seite: 137
(PDF, 31 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1981-01/0139
Arbeiten über das Jahr verteilen. Da scheinen mir ausgesprochene Spitzen der Nachfrage
nach Arbeitskraft vorzukommen: die Zubereitung des Ackerbodens im Vorfrühling und
im Herbst, die Erntearbeiten für Heu und Korn im Sommer und Spätsommer, das Dreschen
im Spätherbst. Dazu kamen wohl noch die Erntearbeiten in den kleinen Weinbergen
, die auch zu einem Kornlanddorf gehörten. Weil es aber keine großen Viehbestände
zu warten galt, fehlte auf dem Kornbauernhof die regelmäßige, täglich anfallende Arbeit
, das Füttern und Ausmisten. Es war also für die Bauern des Kornlandes eine betriebswirtschaftlich
kluge Lösung, die Arbeitskräfte nicht im Ganzjahresvertrag als
Knechte anzustellen und dafür jeden Tag Kost, Logis und einen Jahreslohn zu geben,
sondern im Taglohn zu den Spitzenzeiten beizuziehen. Die Tatsache, daß die Tauner auf
solche Dienste angewiesen waren, d. h. mit ihrem Boden nicht auskamen, schuf für die
Lohnabsprachen eine günstige Voraussetzung — vorausgesetzt, daß die Löhne überhaupt
ausgehandelt wurden und nicht seit Urzeiten brauchtümlich feststanden; wir wissen
außerordentlich wenig über Löhne, aber es ist anzunehmen, daß sie in natura gegeben
wurden und daß das Essen am Arbeitstag eine wichtige Rolle spielte.

Es gab aber wohl noch eine andere Form von bäuerlicher Kooperation zwischen Bauern
und Taunern. Die Tauner verfügten immerhin über etwas Ackerland, aber es fehlte
ihnen das Zugvieh. Wir wissen genau, daß die Tauner für das Pflügen ihrer Äcker auf die
Hilfe eines Bauern angewiesen waren, der ihnen wohl auch mit seinem Pflug beistand.
Man kann sich vorstellen, daß die Tauner-Äckerlein nicht zum günstigsten Zeitpunkt
bestellt wurden. Vielleicht waren solche Dienste des Bauern ein Teil der Entlohnung des
Tauners. Aus dieser Zusammenarbeit in einem sehr ungleichen Verhältnis entstanden natürlich
Khentelverhältnisse wie aus den Tauner-Diensten. Man erinnert sich an das Beispiel
, das Martin Birmann in seinen Jugenderinnerungen berichtet: Sein Vater in Rünen-
berg BL, der Posamenter und Kleinbauer Joggi Grieder, wollte aus dem Ertrag seiner
Heimarbeit einen weiteren Acker kaufen; jener Bauer aber, der bisher für ihn »zu Acker
gefahren« war, drohte, diesen Dienst nicht mehr zu leisten, wenn dieser Kauf geschehe
— offensichtlich wollte er nicht, daß der Heimarbeiter über seinen Stand und den dazugehörigen
Landbesitz hinauswachse, er wollte also soziale Mobilität verhindern. Birmann
berichtet vom selbstbewußten Trotz seines Vaters, der gesagt habe: »Nun gut,
dann fährt eben ein anderer den Acker.« Grieder war aber als sparsamer und erfolgreicher
Heimarbeiter bereits ein Stück über das Klientelverhältnis hinausgewachsen, weil er
über Geld verfügte, das nicht aus seiner landwirtschaftlichen Tätigkeit stammte; eigentliche
Tauner konnten sich ähnlichen Zumutungen ihrer Klientelherren nicht entziehen,
wenn sie nicht gleichzeitig die Stelle und die notwendige Hilfe beim Plügen verlieren
wollten.

Im Klientelverhältnis waren die Leistungen des Tauners zwingender als die des Bauern
, weil jener — vorausgesetzt, es gab keine Heimarbeit — keine andere Wahl hatte; der
Bauer aber hatte bei den bestehenden Zahlenverhältnissen wohl immer andere Tauner
zur Verfügung, auf die er greifen konnte. Wir wollen solche Klientelverhältnisse nicht
allzu schwarz malen; es mag patriarchalische Verantwortlichkeit gegenüber den Taunern
gegeben haben wie bei Gottheit gegenüber den Dienstboten, aber das sind so gut Dinge
der individuellen Moral wie Härte und Ausbeutung; das dargestellte System, das wir
analysieren, enthält weder das eine noch das andere zwingend.

Das Bild des Tauners beginnt damit bereits etwas plastischer zu werden. Wir wollen es
nun noch in bezug auf einige andere wichtige Punkte des bäuerlichen Lebens betrachten.

3. Bauern und Tauner beim Zehnteinzug und am Zinstag

Die wichtigsten Abgaben, so haben wir gesehen, waren der Zehnt und der Bodenzins.
Der Zehnt wurde selten direkt vom Zehntherren eingezogen, weil es diesem an Beamten
fehlte, sondern vor der Ernte an den Meistbietenden versteigert. Im Juni versammelten

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