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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
43.1981, Heft 2.1981
Seite: 205
(PDF, 36 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1981-02/0027
zoglichen Regierung. Man einigt sich schließlich auf die Kaufsumme von 25.000 Gulden
. Wie in den Anfängen, als sie Kapital in die Fabrik Küpfers steckten, fungieren die
Merians auch jetzt wiederum in erster Linie als Geldgeber, bzw. als Investoren, während
die Koechlins, welche gleichzeitig bereits bedeutende Druckereien im Elsaß betreiben,
das nötige technische und organisatorische Wissen beisteuern und mehr für die innerbetriebliche
Abwicklung verantwortlich zeichnen. Burgvogt Lenz zeigt sich sehr angetan
von dieser Lösung: »Von den Gebrüdern Merian, welche selten sich mit kleinen Geschäften
abgeben, ist zu erwarten, daß sie das Werk mit aller möglichen Größe betreiben
und wahrscheinlich noch eine Baumwollspinnerei darzu errichten würden. Da sie von
Anfang an ca. zehntausend Gulden verbauen müssen, ist nicht zu erwarten, daß sie die
Fabrique jemals wieder aufgeben werden«.911 Mit der Hoffnung auf Erweiterung des
Unternehmens war natürlich die Aussicht auf weitere Arbeitsplätze verbunden, wodurch
man die soziale Lage der Bevölkerung entscheidend zu verbessern hoffte.

Die neugegründete Firma erhält das Großherzogliche Privileg, welches nur geringfügig
von dem der Vorgängerin abweicht und als dessen wichtigster Punkt wohl die Befreiung
der Teilhaber von der Gewerbesteuer für die nächsten zwanzig Jahre anzusehen ist.
Die Firma, in welcher bereits 1809 erste Versuche im maschinellen Rouleaux-Druckver-
fahren laufen, wird zunächst noch geführt als 'Großherzoglich badische gnädigst privilegierte
Zitz- und Cattun Fabrick'. Der Einfachheit halber - so lautet zumindest die Begründung
der Fabrikanten - wird die Firmenbezeichnung schon 1809 umgewandelt in
'Merian & Koechlin'.

Welches können nun die tieferen Motive für diese Unternehmer gewesen sein, die Fabrik
diesseits des Rheins zu übernehmen? In ihrem Schreiben an die Großherzogliche
Behörde in Karlsruhe geben sie einen wichtigen Grund selbst an mit der anfänglichen
Hoffnung, »(ihre) Fabrikate in dem durch scharfe Maaßregeln von englischen Cattunen
entblößten Deutschland um so viel ehender mit gutem Erfolg abzusetzen...«921 Hier findet
sich ein Hinweis auf die bei Firmengründung noch bestehende Napoleonische Kontinentalsperre
, die englische Produkte vom Festland abhalten sollte. Englische Konkurrenz
hatten die Fabrikanten auf deutschem Markt demnach nicht zu fürchten, während
andererseits wichtige Rohstoffe aus den Kolonien für die kontinentalen europäischen
Staaten kaum zugänglich waren. Aber gerade hinsichtlich dieses Problems konnten die
Merians ihre vielfältigen Beziehungen und Erfahrungen auf kommerziellem Gebiet voll
ausspielen. »Die Merians galten... als das symbolisierte Durchstechertum der Napoleonischen
Kontinentalsperre... Sie fanden stets die Löcher in der Sperre, die freilich nicht
nur den Engländern, sondern gerade den Verbrauchern des Kontinents im allgemeinen
zugute kamen«.931

Die Härten der brutalen Wirtschaftspolitik Napoleons trafen das Lörracher Unternehmen
somit nicht mit voller Wucht. Dennoch wird auch hier wieder deutlich, wie
stark schon vor über 150 Jahren politische Entscheidungen und Entwicklungen den
wirtschaftlichen Sektor berührten und beeinträchtigten. Denn nennenswerte Verkaufserfolge
stellten sich aufgrund der Krisen - und Kriegszeiten dieses Jahrzehnts erst allmählich
wieder ein. Besonders während des Französisch-Österreichischen Krieges
(1809) und der Befreiungskriege (1813-1815), sowie während der mit Teuerung und einer
Hungersnot verbundenen Zeit der Mißernte (1817) hatte das Unternehmen größere
Durststrecken zu überwinden. Viele Firmen mußten in dieser Periode geschlossen werden
, und 'Merian & Koechlin' schreiben 1812 in diesem Zusammenhang:

»Auch unsere Fabrick Anstalt würde... längst das nemliche Schicksal getroffen haben,
wenn nicht unseren Fabrikaten durch ihre vorzügliche Güte und Schönheit der Absatz
im Ausland noch immer gesichert worden wäre«. Im selben Schreiben weisen sie darauf
hin, daß »nicht der 20te Teil« ihrer Produkte im Großherzogtum selbst verbleibe941, was
als Hinweis auf die damalige wirtschaftliche Rückständigkeit des Landes Baden dienen
kann, wo aufnahmefähige Märkte für derlei Produkte einfach noch nicht vorhanden waren
.

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