Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
43.1981, Heft 2.1981
Seite: 239
(PDF, 36 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1981-02/0061
Werke, so auch für die kurz vor Ausbruch des Krieges sehr erfolgreich arbeitende Firma
Roche, verheerende Folgen. Als im August 1914 Ferdi Löffler vom Grenzacher Turnverein
am Fabriktor steht und nach einem Trommelwirbel lauthals verkündet, daß »unser
oberster Kriegsherr, der Kaiser, den Krieg erklärt« habe, müssen die Schweizer Mitarbeiter
, immerhin 70 Grenzgänger, eine Sondergenehmigung einholen, sich ausschließlich
in der Gemarkung Grenzach und Wyhlen aufhalten zu dürfen. Zunächst bleibt der
Optimismus, der Krieg werde nicht lange dauern, noch erhalten. Als dann aber eine
Auslandsvertriebsstelle nach der anderen geschlossen wird, als die Rohstoffe ausgehen,
als immer mehr Fachkräfte einrücken müssen und die Fabrikation zu erliegen droht, da
erkannte man den Ernst der Lage.

Der Firmenname Hoffmann-La Roche gab sogleich Anlaß für die Deutschen, an eine
Feindfirma zu denken. Den gleichen Verdacht hegten die Franzosen, und von den Engländern
verlautete, man stelle in Grenzach Giftgas her. Zu einem dramatischen Zwischenfall
kam es, als Dr. Barell beim Grenzübertritt im Jahre 1915 verhaftet, unter Anklage
des Hochverrats bzw. der Feindbegünstigung gestellt und über Freiburg nach Berlin
gebracht wurde. Sämtliche Geschäftsunterlagen wurden konfisziert. Was war geschehen
? Ein entlassener Angestellter spielte dem Badischen Zoll Unterlagen in die
Hand, aus denen herv orging, daß Pharmaka, die in Grenzach hergestellt waren, nach
Basel geschafft worden seien. Zudem erregte ein in französischen Zeitungen erschienener
, frankophil gehaltener Artikel der Roche-Tochtergesellschaft in Paris wohl ebenfalls
den Argwohn der deutschen Behörden. Durch die Erklärung, er, Barell habe eine solche
Lieferung nie angeordnet und sie sei ohne sein Wissen geschehen, sowie der durch diese
Erklärung veranlaßte Austritt Carl Meerweins aus der Firma, erschien Dr. Barell den
Behörden als entlastet, so daß er die Freiheit wiedererlangte. Die Firma aber durfte keine
Ware mehr in Deutschland vertreiben, besonders nicht in den Kriegslazaretten, wo sie
guten Absatz gefunden hatte. Endlich, bei Fortgang des Krieges, entschloß sich F. Hoffmann
, eine vollständige Fabrikation in Basel aufzubauen, war die Firma doch nun völlig
von der Fabrikation in Grenzach getrennt. Trotz der angespannten Ertragslage kaufte
die Firma in Basel Gelände für 400 000 Franken. Die in Deutschland isolierte Firma
mußte sich in der Folge vorübergehend »Chemische Werke Grenzach« nennen.

Im Rahmen der Vorsorge erwarb Fritz Hoff mann im Jahre 1912 von seinen Verwandten
Im Hof das Grenzacher Schlößle mit Hofgut und die dazwischenliegenden Grundstücke
, so daß ein Gelände von 15 ha, 72 ha und 50 qm zusammenkam. 1 ha und 39 a
wurden noch hinzugekauft. 1916 verkaufte Hoffmann das Gut an seine Firma, und nach
Beendigung des Krieges wurde das Schlößle (der Südflügel des ehemaligen Bärenfelsi-
schen Herrensitzes) völlig umgebaut und diente als Werkswohnung und in neuerer Zeit
als kulturelle Begegnungsstätte. Dr. Barell, nun oberster Leiter der Firma, nahm die Reorganisation
mit festem Griff in die Hand, da er in zunehmendem Maße die Aufgaben
des Firmenchefs mit übernehmen mußte, der 1919 schwer erkrankte und seinem Nierenleiden
am 18. April 1920 erlag.

Mit der Ansiedelung der Industrie in Grenzach erhielten die Dörfer Grenzach und
Wyhlen ein ganz verändertes Gesicht. Es kam nicht nur zu einer flächenhaften Ausbreitung
der Wohnsiedlung, sondern diese nahm mehr und mehr den Charakter einer Vorstadt
an. Die Gewerbesteueraufkommen ließen es zu, daß das Kanalnetz und die Straßen
erneuert, verbreitert und völlig neu erstellt werden konnten. Der von Fritz Hoff mann
erworbene Grund und Boden wurde mit zahlreichen Wohnungen für Arbeiter, Angestellte
und Direktoren bebaut. Diese vor allem im Jahre 1922/23 ausgeführten Bauvorhaben
sicherten den einheimischen und von auswärts hinzugekommenen Arbeitskräften
eine preiswerte und gediegene Heimstatt. Hoffmann-La Roche baute damals insgesamt
16 Häuser mit 45 Wohnungen.

Im Jahre 1929 fanden sich in Grenzach schon 1329 Fremde, ein Anzeichen des hohen
Bedarfs an Fachkräften in der Industrie. Das Schweizer Element herrschte mit 10% in
Grenzach und 5-10% in Wyhlen (1900) naturgemäß vor.

239


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1981-02/0061