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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
43.1981, Heft 2.1981
Seite: 355
(PDF, 36 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1981-02/0177
In Heidelberg trafen sich in den ersten Märztagen Liberale aus ganz Deutschland, mit
dem Ziel, Modalitäten für eine gesamtdeutsche Nationalversammlung zu besprechen.
Welcker, Gervinius, Mittermaier, Ludwig Uhland, Bassermann, Struve, Robert Blum
und Friedrich Hecker waren mit dabei. Erneut zeigte sich der Riß unter den Liberalen.
Hecker und Struve waren die Führer der kompromißlosen Gruppe. Ein konstitutionelles
Reformprogramm und ein Revolutionsprogramm standen sich dann beim Vorparlament
in Frankfurt gegenüber.

Die badischen Vertreter des Revolutionsprogrammes fühlten sich in ihrer Aufgabe bestärkt
durch ein Votum einer Volksversammlung, die am 19. März in Offenburg stattgefunden
hatte. Hier wurde erklärt:

»Der Kampf der Volksherrschaft und der Einherrschaft hat begonnen.«

Wie dieser Kampf geführt werden sollte, legt eben das neue Offenburger Programm
dar. Von unten aus, von der Gemeindeebene bis zum Lande sollten Volksvereine gebildet
werden, die das Heft in die Hand nehmen. Zum Obmann des badischen Zentralausschusses
wurde wiederum Friedrich Hecker gewählt. Uber 20.000 Menschen jubelten
ihm zu. So glaubten er und Struve in Frankfurt im Namen des Volkes zu sprechen.

Struve forderte Abschaffung der erblichen Monarchien und Ersatz durch freigewählte
Parlamente mit einem Präsidenten an der Spitze. Sie sollten unter einer föderativen Bundesverfassung
vereint sein nach dem Muster der USA. Das bedeutete die Einführung der
Republik. Und Hecker forderte, das Vorparlament als eine Art Revolutionsausschuß in
Permanenz tagen zu lassen. Beide Anträge wurden von der Mehrheit der 500 Abgeordneten
abgelehnt. Zutiefst enttäuscht verließ die Gruppe der Radikalen unter Heckers
Führung das Vorparlament, entschlossen, nun zu handeln, Freiheit und Einheit auf gewaltsamem
Weg zu erreichen. Sie wollten sich nicht durch vage Versprechungen hinhalten
lassen. Schon spottet der Dichter Herwegh: Das Reden nimmt kein End! Sie, die Radikalen
, hielten die Zeit für gekommen, Signale für ganz Deutschland zu setzen und sie
glaubten, von einem deutschen Kleinstaat aus den Kampf um die Republik aufnehmen
zu können. Sie glaubten, das Volk sei bereit, ihnen zu folgen und sich zu erheben.

Auslösender Faktor war die Verhaftung des Konstanzer Redakteurs Fickler in Karlsruhe
. Hecker sah darin den Beginn einer verstärkten Reaktion. Am 12. April rief Hecker
als Obmann des Landesausschusses für Baden die Republik aus und setzte eine provisorische
Regierung ein. Alle waffenfähigen Bürger wurden aufgefordert, zum Volksheer
zu stoßen; denn - so die neue Regierung - »das Volk hat sich erhoben, seine Rechte zu
erkämpfen und den Zustand der so lang ersehnten Regierungsform zu erringen.« Hecker
wurde zutiefst enttäuscht. Sein Zug von Konstanz über Donaueschingen, Stühlingen in
den Schwarzwald hinein fand nur wenig Anklang. In Bernau waren es kaum 1000 Freischärler
, die, z.T. nur mit Sensen bewaffnet, mitmarschierten. Doch - treu seinen
Grundsätzen - beharrte er auf dem Plan und lehnte die ihm angebotene Amnestie ab. Als
idealistischer Träumer und zugleich Fanatiker glaubte er an die Uberzeugungskraft seiner
Idee, unterschätzte er die rauhe Realität. Der Großherzog hatte das Bundesheer zu
Hilfe gerufen. Auf der Scheideck bei Kandern kam es zu dem berühmten Treffen, das in
vielen Bildern Volkstümlichkeit erlangte. Zwar fiel der Befehlshaber der Bundestruppen
, General von Gagern, doch Heckers Freischar mußte die Flucht ergreifen. Hecker
entkam in die Schweiz und führte von Muttenz aus den illegalen Kampf weiter. Seine
Zeitung »Der Volksfreund« sollte den Gedanken der Freiheit, die Idee der Demokratischen
Republik, im Volke wachhalten.

An Heckers 70. Geburtstag erklärte in St. Louis ein Festredner: »Seine Tat war nicht
klug , aber tapfer; nicht berechnet, aber recht. Sein Glaube an das von ihm recht Erkannte
stand fest und duldete kein Zweifeln oder Zaudern. Er hat sich in seiner Zeit und seinem
Volke geirrt, er hat das letztere überschätzt und ist der ersteren davongestürmt.«

Das ist eine treffende Charakteristik der Person Friedrich Heckers!

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