Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
43.1981, Heft 2.1981
Seite: 359
(PDF, 36 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1981-02/0181
Im Heft 3/4 1980 war eine Sprachglosse »Uber das Wort Narr« erschienen (S. 345). Daraufbekamen
wir vom Schweizerdeutschen Wörterbuch (Idiotikon) die Berichtigung, daß das Wort »Schornigeli
« dort sehr wohl behandelt sei, nämlich als Zusammensetzung mit dem Grundwort Niggel.
Darauf hatte der Verfasser eine entsprechende Ergänzung vorgelegt, die seinen ersten Befund in
knapper Form bestätigt hat.

Anstatt dessen freuen wir uns, einmal eine ausführliche Darstellung zu dieser Frage von kompetentester
Seite, nämlich dem Leiter der Redaktion des »Badischen Wörterbuchs«, Herrn Dr. Gerhard
W. Baur, Freiburg, vorlegen zu können.

Nochmals zu Narren und Schornigeli

von Gerhard W. Baur

In Heft 3/4 von Jahrgang NF 11 (42) dieser Zeitschrift hat Chr. M. Vortisch über die
beiden obengenannten Wörter und über Bloderechöpf als Bezeichnungen für mißratene,
unreife Blüten oder Früchte, zumeist von Steinobst, geschrieben. Das zuletzt genannte
Wort ist erklärt; bei den beiden anderen sind noch Fragen offen.

Zunächst zu Schornigeli: CM. Vortisch zitiert den im Alem. Taschenwörterbuch von
Hubert Baum auf S. 188 gefundenen und bisher anscheinend einzigen veröffentlichten
Beleg aus Südbaden, der ursprünglich von Lothar Glattes1^ aus Schopfheim stammt,
schornigeli lautet und 'Fruchtansatz der Kirsche' bedeutet, was Glattes auf mittellat. sanicula
zurückführte. H. Baum ist ihm hierin gefolgt und hat keine weiteren Belege angeführt
, auch nicht denjenigen, auf den sich Glattes wohl bezieht, nämlich schornigeli 'grüne
Kirsche' aus der Arbeit von Ernst Beck2 ', welcher das Wort bereits mit dem Pflanzennamen
Sanikel, Sanicula europaea zu lat. sanare 'heilen' in Verbindung gebracht und als
aus diesem entstellt angesehen hat. Passend hierzu zitiert Vortisch das Schweizerdeut-
sche Wörterbuch/', das in den angegebenen Formen ausschließlich als Planzenname genannt
sei. Nun finden sich aber an zwei weiteren Stellen des - zugegebenermaßen nicht
leicht zu benutzenden - Schweizerischen Idiotikon Hinweise auf weitere Formen, zunächst
noch einmal Schdrniggel als Pflanzenname4 , darüberhinaus in Belegen aus vielen
Orten und Kantonen hauptsächlich als Schor(r)-, Schör-, Schoreniggel(i) und in weiteren
Spielformen wie Tschor-, Schö-, Schur(r)-, Schueniggel(i) und zwar in der hier gesuchten
Bedeutung 'kleiner, rundlicher Fruchtansatz'3' sowie, speziell, 'noch unentwickelte
Frucht', »besonders von Kirschen und Erdbeeren..., Äpfeln..., Birnen... Obst überhaupt
«6'. Das Gesuchte ist also auch im Schweizerdeutschen vorhanden, sogar reichlich
bezeugt. Als weitere Bedeutungen von Schorniggel(i) werden noch genannt 'Kind mit
kurzgeschnittenen Haaren' und 'kleines unscheinbares Kind'.

Und diese weiteren Bedeutungsangaben, schließlich aber vor allem der Zusammenhang
mit Niggel und seinen Zusammensetzungen wie auch mit dem im Ablaut zu Niggel
stehenden gleichbedeutenden Näggel (wozu es wiederum ein Schor(r)näggeli mit derselben
Bedeutung gibt) führen zu einer Lösung, die wahrscheinlicher ist als die Ableitung
von lat. sanicula.

Niggel oder Nickel ist eine, besonders früher, weithin verbreitete Kurz- und Koseform
des Namens Nikolaus (wie auch Klaus und Klas) und nach dem Zeugnis des
Grimmschen Wörterbuchs im Ober- und Niederdeutschen vorzufinden '. Dort kann
man auch nachlesen, wie sich aus dem Namen Nickel allmählich über eine halbappellati-
ve Verwendung (ähnlich wie Heinz, Kunz und im Gegensatz zu großer Hansh) schließlich
eine Bezeichnung für kleine Menschen und, übertragen, auch für kleine, in irgendeiner
Art unvollkommene, fehl- oder nicht voll entwickelte Dinge ausgebildet hat. Hierzu
findet sich a. a. O. einiges Material, noch mehr bietet das Schweizerdt. Wörterbuch sowohl
unter Niggel wie unter den anschließend aufgeführten weiteren Verbindungen mit
-niggel(i). Als naheliegende Beispiele seien genannt, zunächst für Niggel(i): 'kleiner kur-

359


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1981-02/0181