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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
44.1982, Heft 1.1982
Seite: 67
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(Z. 10) va Merkussam. Auf deutsch: beschütze den Chilon, beschütze den Luciolus, beschütze
die Merkussa.

Als einziges ist davon »serva Luciolum« und »Merkussam«48^ sicher zu lesen. Das bedeutet
aber keine Hervorhebung des Namens Luciolus, die etwa berechtigen würde, ihn
als Träger des Amuletts anzusehen! Vielmehr scheint es, daß der Schreiber seinen Text
mit der formularhaften Beschwörung der Dämonen und der anschließenden Zuweisung
der Aufgabe an sie (»rettet ...um, den geboren hat Leib... Mutter, aus aller Gefahr«) beendet
hatte und den verbleibenden Raum nicht nur mit Zauberzeichen ausfüllen wollte
oder konnte, sondern statt dessen - vielleicht auf besonderen Wunsch des Auftraggebers
hin - noch drei Personen mit einbezog. Dabei fällt auf, daß es sich um einen griechischen
, einen lateinischen und einen wohl keltischen Namen handelt. Ob darin eine besondere
Bedeutung liegt, weiß ich nicht49'. - Es ist nicht sicher, daß die dreimalige Lesung
des Imperativs »serva« (Kraus) zutrifft. Der letzte Buchstabe der neunten Zeile
kann schwerlich als R gelesen werden3"'. Aber auch Wiedemanns Interpretation als si-
ve51^ (=oder) gibt keinen rechten Sinn.

Zusammenfassung der Diskussion. Die nähere Beschäftigung mit dem Amulett, soweit
sie neben der laufenden Grabung möglich war, zeigt im Vergleich zu anderen Hinterlassenschaften
dieser Gattung, daß der Aufbau des Textes genormt ist. Nach einleitenden
Anrufungs- und Bannformeln folgt die Aufforderung, den uns unbekannten Träger
des Amuletts vor aller Gefahr zu schützen. Der Text schließt mit den üblichen magischen
Zeichen, zu denen hier nichts weiter gesagt werden soll. Etwas verlegen wirkt der
Schluß. Man hat den Eindruck, daß der Auftraggeber etwa zu dem Schreiber sagte:
»Und wenn du dann noch Platz frei hast, dann beziehe die und die Personen auch noch
mit ein.« Vielleicht läßt sich damit auch der Wechsel im Imperativ von »servate« (Zeile 5)
zu »serva« (Zeile 8) erklären.

Die Frage nach dem »Sitz im Leben«

Was bedeutet ein solches Amulett für seinen Träger? Es soll ihn beschützen. Nach
heutigem Verständnis ist das Amulett nur Mittel zum Zweck, denn den eigentlichen
Schutz sollen ja die gebannten Dämonen und Götter gewähren. Doch nach antiker Auffassung
kann auch ein Amulett selber ein Schutzgegenstand sein. Dazu muß meist unter
Einhaltung bestimmter Vorschriften ein seit langen Zeiten überlieferter und in seiner
Wirksamkeit erprobter Text auf möglichst kostbares Material geschieben werden. Dann
entsteht ein Schutzmittel, ein Phylakterion, das mit seiner Kraft auf den Träger wirkt""125.
Zur Illustration seien einige Zeilen aus einem griechischen Zauberpapyrus in deutscher
Ubersetzung zitiert33^.

»Amulett, das den Körper schützt gegen Dämonen, gegen Gespenster, gegen jede
Krankheit und jedes Leiden. Geschrieben auf ein Plättchen aus Gold oder Silber oder
Zinn oder auf ein Stück hieratischen Papyrus, wirkt es getragen streitkräftig. Denn es ist
der Name der Kraft des großen Gottes und sein Siegel. Er lautet, wie folgt: Kmephis;
Chphyris: Iaeö Iaö Aee Iaö Oo Aiön, Iaeö Baphrenemoun Othilarikriphiaeueai Phirkira
Lithanyome Nerphaböeai. Das sind die Namen. Das Zauberbild aber (zeichne) so: die
Schlange soll sich in den Schwanz beißen; die Namen inmitten der Schlange und die Zauberzeichen
(seien so), wie folgt: (es folgen Zauberzeichen, die z. T. denen auf dem Badenweiler
Amulett ähneln), die ganze Figur aber, wie unten folgt, mit den Worten: 'Bewahre
meinen, des NN, Körper und Seele unversehrt'. Und hast du es geweiht, trag es.«

Der schützende Zauber der Amulette begleitete den Besitzer bisweilen über den Tod
hinaus. Die schon erwähnten Täfeichen von Regensburg und Gellep34' wurden in Gräbern
gefunden. Es wird sogar in beiden Fällen behauptet, der Verstorbene sei weiblichen
Geschlechtes gewesen. Das gilt für das Badenweiler Amulett nicht. Zum einen war der
Besitzer ausweislich des Beginns der sechsten Zeile männlichen Geschlechts; zum ande-

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