http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1982-01/0127
U. a. liegt uns hier ein in gebundener Sprache gefaßter Brief an einen Gustav Reilstab
(einen Freund seines Sohnes Emil, vgl. u.) vor, dem die »NB« angehängt wurde: »Das
gebrechliche Versmaass bittet in Anbetracht gehabter Eile und eingetrockneter poetischer
Ader um gütige Nachsicht, nehmen Sie den Willen fürs Werk.« Das Ganze (ohne
Überschrift) datiert: »Wehr, d. 14. Sept. 1866«:
Gold von Melbourne in Tausenden von Klumpen
Und dazu ein Meer von californ'schem Staub,
Silber in Thalern in Milliarden von Stumpen,
Thürme von Juwelen, Diamanten wie Laub,
Aller 5 Welttheile Leckerbissen
Vorerst meine Wünsche für Sie in sich schliessen
Reicher jedoch und hoch über irdschem greifbarem Gute
Erblüh' Ihre Zukunft in innerm edlerem Werth:
Langes gesundes Leben mit frohem heiterem Muthe,
Liebe und Freundschaft am glücklich gegründeten Herd.
Sorgen und Kummer in ständiger nebliger Ferne,
Tägliche Arbeit harmonisch mit Ruh und Vergnügen durchwirkt;
Also wünschet Ihr Leben gestaltet aufrichtig und gerne,
Bis späterer Zeiten Schooss Ihr sanftes End sich birgt,
Ihr
wohlmeinender und wahrer Freund
Dr. Adolph Bougine, pr. Arzt
Auch wenn sich unser Autor immer wieder mit Einschränkung als Poet fühlt und gibt,
ist aus seinen Versen doch stets zu spüren, wie sehr er sich der Poesie zugehörig weiß und
wie intensiv es ihm um den dichterischen Atem zu tun ist.
Seine Wehrer Jahre sind die produktivsten, hatten wir bereits festgestellt. Von einer eigentlichen
Entwicklung seines Dichtens und Schreibens kann freilich nicht die Rede
sein. Dafür liegen letztlich auch zu wenige Zeugnisse vor. Gelegenheiten und genügend
Muse waren Vorbedingungen für seine Laune, für seine Verse. Vor seiner Familie und
seiner Verwandtschaft hatte er diesbezüglich nichts zu verbergen, im Gegenteil, er tat
sich da als Dichter gar zu gerne gütlich. Humoristisches lag ihm eindeutig am meisten.
Entsprechende Kommentierungen geben sich nicht minder lustig. »Vorstehendes Gedichtchen
verdankt seine Entstehung folgendem Vorfall: Meine Schwägerin Amalie
Haas besuchte uns bald nach unserer Verheirathung, und reiste in Begleitung meiner
L Louise und meines Schwagers d. 29. Okt. 1844 (von Albbruck), Abends spät nach
St. Blasien. Beim Einsteigen in die Chaise entfiel ihr ihr ,Ridicule' und wurde dessen
Verlust in der Dunkelheit erst den andern Morgen entdeckt, bzw. derselbe durch die
Schwester meines Hausherrn (Schreiner Blum) gefunden, mir übergeben und von mir
alsbald mit obigem Gedicht durch eine Gelegenheit nachgesendet!« Rücken wir einige
dieser situationskomischen Verse hier ergänzend mit ein:
Die Jumpfer Blum ging heute früh
Von unserm Hause weg,
Und plötzlich: Patsch! da stolpert sie,
Es lag was Weich's im Dreck!
Sie schrie: ,Herr Jesis' - denn sie sah's
Für Menschenkühdreck an.
Doch als sie näher bracht's die Nas',
War Schnur und Zottel dran.
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