Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
44.1982, Heft 1.1982
Seite: 129
(PDF, 29 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1982-01/0131
junger Leute einberufen, und sie werden wohl so 18-20000 Mann auf den Beinen haben.
Eine Zeitlang ging's gewaltig lebhaft her, bis die Kameraden alle fort waren, besonders
auf der Eisenbahn. Ich sage Euch, das war oft ein Höllenspektakel. Von Trübsal und
Kummer keine Spur, als höchstens bei den Zurückbleibenden, den Eltern, Verwandten,
Bekannten und - Schätzen...«. - Auch über die Apotheke erfahren wir erneut einiges:
»Unsere Apotheke hier ist nahezu fertig und wird wahrscheinlich bis Dienstag oder
Mittwoch diese Woche eröffnet und eingeweiht, sie ist sehr nett geworden. Wann wir in
das Logis einziehen können ist noch sehr ungewiss, da Fleiner bei dem Ungeheuern
Geldmangel den obern Stock vorderhand nicht fertig bauen lassen will. Hoffentlich ent-
schliesst er sich doch noch dazu...«. - Der nächste Brief ist vom 8. August datiert und an
Albert wegen der Konskription gerichtet: »... dass ich gestern durch das hiesige Bürgermeisteramt
ein Schreiben desjenigen von Freiburg zugestellt erhielt, worin mir eröffnet
wird, dass die Loosziehung am 17. September morgens 8 Uhr in der Kunsthalle (= Festhalle
) in Freiburg stattfinden wird. Es heisst darin - wie gewöhnlich - dass sämtliche
Pflichtigen (des Jahrgangs 1846) vorgeladen werden, mit dem Bemerken, dass für die
Nichterscheinenden, welche sich nicht durch gehörig Bevollmächtigte vertreten lassen,
das Loos von Amts wegen gezogen wird...«. Nach weiteren Detaillierungen stellt er dem
Sohn die Wahl: »1) entweder selbst kommen und ziehen (mit glücklicher Hand«!), 2) Jemand
Anderes damit bevollmächtigen oder 3) der Sache ihren Lauf lassen, und Dein
Schicksal in die Hand jenes armen Knaben legen« (Waisenknaben waren in solchen Fällen
von der Regierung zum Losziehen beordert). Da sich Bougine als Pechvogel betrachtete
, rät er nicht dazu, für den Sohn selbst das Los zu ziehen. Doch der Brief enthält nicht
nur dergleichen Überlegungen und Sorgen: »... und wir freuen uns, dass es Euch bei dem
Grafen Lavarande zum soundsovielten Male ausgezeichnet geschmeckt hat; die Speisekarten
kennen wir jetzt bald auswendig. Das ist ja immer ein wahres Feen-Essen! So
geht's, wenn man in einer so großen Stadt ist. Wir Dorfpomeranzen müssen uns mit zähen
Bohnen, stinkigem Rind- und Kalbfleisch, ranziger Butter, schimmligem Brot, saurem
Wein etc. begnügen. Krebse, Fische, Geflügel etc. kennen wir bald nur noch aus der
Naturgeschichte!« Im folgenden ergeht sich unser Landarzt abermals über die miserablen
Zeitläufte; wenngleich »der unselige Krieg zu Ende ist«, mag ein neuer hereindrohen
... Besonders hart aber traf Bougine die negative Entscheidung hinsichtlich der in
Aussicht gehabten neuen Wohnung in der Apotheke: »Du, l. Emil, fragst, wo die Apotheke
ist? 3 Häuser unterhalb dem unserm. Büche, Blechner, Leber, Löwenbeck. Das
Haus des letzteren kaufte der Apotheker Fleiner und verbaute die Scheuer zur Apotheke
. Löwenbecks wohnen aber noch in ihrer Wohnung und bleiben drin. Aber wir kommen
nun schliesslich, so scheint es, doch nicht in die Apotheke zu wohnen. Fleiner
macht den Wortbrüchigen, lasst den Apotheken Verwalter heurathen und hineinziehen.
So wurde mir heute berichtet. Ich bin eben der Pechvogel...«.

Ein Brief vom 5. November 1866 findet sich an Emil gerichtet: »Mit Albert (der inzwischen
nach Hause zurückgekehrt) habe ich in der letzten Zeit viele große Touren über
den Schwarzwald gemacht, da mich meine Praxis oft hinaufführte, lezthin waren wir sogar
in Kleinherrischwand... Wir kamen gerade dorthin, als in einem Hause ein Emorde-
ter vom Phvicus (= Amtsarzt) in Säckingen secirt wurde und das Gericht Untersuchung
darüber führte... Nun muß ich schliessen, ich muß noch in die Fabrik heute abend. Es
hat dort vor eineiger Zeit wieder einen ,schönen' Fall gegeben. Der Kutscher Valentin...
erhielt einen Schlag von einem Pferd an den Unterkiefer, wodurch dieser zerschmettert
wurde...«.

Den Tod seines in San Francisco lebenden Bruders Hermann teilt Landarzt Bougine
seinem Sohn Emil am 8. Februar 1867 nach Paris mit: »Wie sehr mich der schwere Verlust
des guten Bruders ergriffen, kann ich Dir kaum beschreiben. Er war mir eines der
liebsten Wesen auf dieser Erde. Soch ein treffliches edles liebevolles Gemüth... findet
man wenig in unserer kalten, egoistischen, nur auf Geld, Geld und noch einmal Geld,
nur auf Genuss und eigenen Vortheil trachtenden und darüber Alles Andere, selbst das

129


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1982-01/0131