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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
44.1982, Heft 1.1982
Seite: 143
(PDF, 29 MB)
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Bizer konnte kein anderes Metier ergreifen. Das Malen war ihm Existenzbedürfnis.
Franz Schneller übermittelte hierzu einen bezeichnenden Dialog. Einmal in schweren
Tagen (ohne Leinwand, ohne Farben) gefragt, was er am meisten liebe, antwortete Bizer
ohne Besinnen: »'s Malen.« - »Und nach dem Malen?« - »Wieder 's Malen.«

Die Kompositionen des Künstlers sind Landschaften der Seele. Seine Motive scheinen
hinter einem geheimnisvollen Schleier zu liegen. Selbst einer simplen Bahnschranke, einer
einsamen Laterne am Rand der »Kaffeemühle«, Badenweilers Flanierweg, gab er ein
Stück Seele mit. Landschaft ist für ihn beseelte Atmosphäre, die sich selbst im unscheinbarsten
Gegenstand offenbart. Dramatik der Stimmung erzielt er mit schwebenden Farben
und Klängen, mit verhangenen Nebeln, mit den niederstürzenden Strahlen der Sonne
, mit dem sanften Abendlicht und dem rotglühenden Mond über dem Saum des Gebirges
.

Theodor Heuss über Bizer

Mit seiner persönlich geprägten Malweise, mit sicherem Instinkt für Klima und Transzendenz
der Welt am Oberrhein vermittelte Bizer eine neue Sicht der Region im Dreiländereck
. Das Schwingende und Schwebende der Landschaft setzte er in Farbe um; auch
seine Grafik ist farblich empfunden. Vor ihm hat kein Mensch die Welt des Markgräfler-
landes, das Charakteristische des sanften Dreiklangs von Gebirge, Rebvorland und Ebene
, so zu sehen vermocht, wie er sie zeichnete und malte, und seither hat der Eingesessene
wie auch der Gast und Kurgast Badenweilers die Domäne des Gottes Bacchus und die
Ebene zwischen Schwarzwald und Vogesen mit den Augen Bizers betrachtet.

Eine heitere Episode möge verdeutlichen, wie man eine Gegend mit den Augen eines
anderen Menschen, in diesem Falle mit den Augen des Künstlers sieht, ja zu sehen geradezu
gezwungen ist. Der erste Bundespräsident, Professor Heuss, hielt sich zusammen
mit seiner Gemahlin Elly Heuss-Knapp mit Vorliebe in Badenweiler auf, wobei beide in
Hausbaden Quartier nahmen. Auch als Witwer, nach 1952, hielt Heuss dem Haus die
Treue; manchmal war es geradezu zweiter Wohnsitz. Man weiß, daß der Bundespräsident
auf seinen Reisen gerne zeichnete; sein Wanderbuch »Von Ort zu Ort« ist von ihm
selbst illustriert. Als man sich in Hausbaden erkundigte, ob er sich auch in Badenweilers
herrlicher Umgebung seiner Liebhaberei widmen wolle, winkte er ab: »Hier ist ja alles
schon verbizert!«

Der dem Musischen verpflichtete Politiker und Publizist - das zeigte das hübsche
Bonmot des prominenten Kurgastes - hat erkannt, wie stark die eigenwillige Sicht eines
Künstlers, seine gültige Interpretation von Naturaspekten auch andere zwingt, die Umwelt
mit den Augen des Malers zu sehen. Im Falle Bizers könnten wir sagen: mit den Augen
der Liebe. Wärme, persönliches Engagement, Humanitas und etwas ungemein
Friedliches spricht aus seinen Bildern - wenn er immer auch, zumal in seinen Gewitter-
Szenerien, einer elementar-dramatischen Darstellung fähig ist.

Zola hat einmal gesagt, Kunst sei Natur, gesehen durch ein Temperament. Bei Emil
Bizer handelt es sich um ein lyrisch-poetisches, ausgewogenes, in sich ruhendes, dem
Ethos der Begrenzung verschworenes Temperament. Er hat sich selber," was den dargestellten
Raum, die künstlerische Aussage, die Wahl der Techniken betrifft, Grenzen gesetzt
und innerhalb dieser Grenzen Vollkommenheit erreicht. Kein anderer Meister der
Palette hat ihn in seinem Rahmen, in dem von ihm abgesteckten Revier, in seiner Motivwahl
übertrumpft. Das Rebvorland, die idyllische Welt am Rheinknie, der Hintergrundsprospekt
der Bergkette - all dies ist nun einmal endgültig »verbizert« und zu einer
zweiten Wirklichkeit geworden. Für jeden, der für künstlerische Deutung, für das, was
hinter den Dingen lebt, einen Nerv hat, wird es zum Gewinn, die »himmlische Landschaft
« mit dem liebenden Auge des Künstlers zu sehen, der es verstanden hat, sie gewissermaßen
durch das Medium der Kunst neu zu gestalten.

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