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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
44.1982, Heft 1.1982
Seite: 151
(PDF, 29 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1982-01/0153
suchen erlebt Bampi als Keramiker, wie sehr er als Künstler sich auf eine Schicksalsgemeinschaft
mit den Elementen eingelassen hat, der Erde, dem Feuer, den sich wandelnden
Glasurfarben und nicht zuletzt der Zeit, die er unter der Wirkung des Brandes doch
nicht ganz dem Zufall der im Ofen sich vollziehenden Metamorphose überlassen will,
um dem Werk letztlich doch seinen Geist aufzuzwingen, seine Schöpfung zu verwirklichen
.

Das Hineindenken in konkave und konvexe Formen läßt gleichsam den Raum in die
Form miteinbeziehen, wie es ebenso die Form bezieht auf den Raum. Auge und Hand
arbeiten bei diesem keramischen Schaffen eng zusammen, denn das Gefäß wird gedreht
bei seiner Entstehung wie bei seiner Betrachtung. Und dieses im Drehen sich immer wieder
Verwandelnde ist es, was den Keramiker bei seiner Arbeit fasziniert. Das Erlebnis
fließend wachsender Form und die Metamorphosen der Glasuren beim Brand lassen den
Keramiker im ursprünglichsten Sinne des Wortes das Wesen der Bildung erleben und begreifen
.

Keramische Form ist so für Bampi - und dies spüren wir bei ihm in ganz besonderer
Weise - die Inkarnation von Werden, Wachsen und Wandlung. Und je mehr solche Vorstellung
seine Arbeit begleitet und prägt, um so mehr gibt er die geschlossene, in sich zurückkehrende
Form auf und sucht die bewegte offene, ja sogar exzentrische und schließlich
völlig freie Form.

Bereits 1940 entwickelt Bampi so als erster nach organischen Vorbildern eine asymmetrische
, frei aufgebaute Keramik. Er verläßt zumindest zeitweilig die Töpferscheibe und
baut freihändig Gefäße, die dann als Eiform, Kürbisform oder als Elefantenrüssel in die
Literatur eingehen. Darin äußert sich das tiefe Bedürfnis nach Befreiung von der
Zwangsläufigkeit der sich drehenden Scheibe und ihrem symmetrischen Produkt. Jetzt
will er unmittelbar formgebend in den gestaltenden Prozeß eingreifen.

In dieser Phase läßt Bampi höchstens noch die auf der Töpferscheibe gedrehte Grundform
des Gefäßes zu, um in der anschließenden Verformung durch Eindrücke, Eingravieren
oder sonstige modellierende Weitergestaltung dem Werk eine letzte persönliche
Note zu verleihen. Solches Formen und Verformen als Ausdruck des Persönlichen bleibt
aber stets ein Wagnis. Und Bampi weiß sehr wohl, daß ihm auch hier vom Wesen der Keramik
her Grenzen gesetzt sind.

In einem Aufsatz von 1954 »Die Grundlagen der Formentwicklung der Keramik unserer
Zeit« schreibt Bampi selbst zu diesen Versuchen: »Als ich während des vergangenen
Krieges noch ganz zögernd an eine unzentrierte Gestaltung ging - es waren zunächst
nur einfache Schalen, die ich von der maschinengebundenen Zentriertheit lösen wollte -
begriff ich plötzlich, daß solches Schaffen, solches Gestalten primär zunächst bedingt
war durch die noch fast werkzeuglosen Hände der frühen Menschen, einem schöpferischen
Gestalten viel näher kommt, als das Arbeiten an der Drehscheibe. Es war also
nicht der Intellekt, der mich dahin führte, und wie ich eines Tages die erste Vasenform —
heute Elefantenzahn genannt - gefunden hatte, sagte ich mir ganz spontan, also aus dem
Gefühl und nicht mit der Vernunft - dies ist eine geniale neue Vasenform.«

Als Bampi dann in Finnland wie in Italien ähnliche unabhängig voneinander entstandene
Formtendenzen entdeckt, wird ihm klar, daß solche nicht von einem einzelnen Individuum
ausgehen, sondern einem neuen Zeitgeist entsprechen. Sie sind eine Rückkehr
zur ursprünglichen asymmetrischen Gestaltung, die lediglich durch die Erfindung des
Rades, d. h. der Symmetrie, verdrängt wurde. Diese durch die Töpferscheibe eingeengte
Formgebung galt es wieder zu entdecken, und dies vor allem am Beispiel der japanischen
und chinesischen Keramik, wie sie seit dem 15. Jahrhundert wieder mehr und mehr sich
durchsetzte.

Das Wesen des Lebendigen, des Organischen ist für Bampi wie für viele seiner Zeit typisch
für die moderne Kunst, wie sie sich seit 1900 entwickelt. Das heißt aber Abkehr
von der Technik, Abkehr von der mathematischen Logik, von der Zentralperspektive,
wie sie Leonardo da Vinci und Dürer in den Mittelpunkt ihres Schaffens gestellt haben

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