Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
44.1982, Heft 2.1982
Seite: 20
(PDF, 41 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1982-02/0022
Gerade die Fragen der zukünftigen Wirtschaftsordnung haben deutlich werden lassen
, daß sich an wohl keinem anderen Punkt der neuen deutschen Landesverfassungen
die Unverbundenheit der einzelnen Glieder untereinander so sehr bemerkbar gemacht
hat wie hier. Obwohl sich die Tendenz hin zu einer bundesstaatlichen Verbandslösung
für Deutschland zumindest schon abgezeichnet hatte88, wollte jede Verfassung ausgerechnet
die Frage der Wirtschaftsangelegenheiten »für sich allein und offenbar isoliert
vom übrigen Deutschland lösen, ungeachtet eines etwa dabei ausgesprochenen Bekenntnisses
zur gesamtdeutschen Wirtschaft«89.

Obwohl zu einzelnen Fragen der Wirtschaftsordnung an konkreten Beispielen aus
den im Rechtspflegeausschuß und im Plenum der Landesversammlung geführten Verhandlungen
noch mehr und Grundsätzliches zu sagen wäre und obwohl gerade auch die
Alternatiworschläge der sozialistischen Parteien auf ihre Durchführbarkeit hin untersucht
werden sollten, möge diese besondere Frage der Wirtschaftsordnung mit den hier
eher allgemein vorgetragenen Ausführungen ihr Bewenden haben.

3.1.6 Schule und Erziehung

Einer der umstrittensten und am meisten diskutierten Artikel der badischen Verfassung
war jener zur Schulfrage. Dieser Kampf in der Schulfrage, der übrigens in den Beratungen
aller Länderverfassungen zu erleben war, hat gezeigt, »daß nirgendwo die Abgrenzung
der Zuständigkeit des Staates und der Weltanschauungsgruppen so schwierig
ist, wie gerade im Schulwesen. Im Mittelpunkt stehen die weltanschaulichen Proble-
me«90.

Der als Grundlage für die Beratungen sowohl im Rechtspflegeausschuß wie im Plenum
der Landesversammlung dienende Regierungsentwurf hatte in Art. 86 bezüglich
der Ausführungen über das Schulwesen folgenden Wortlaut gehabt: »Die öffentlichen
Schulen sind Simultanschulen im überlieferten badischen Sinn. An allen Schulen sind
beim Unterricht die religiösen Empfindungen aller zu achten.« Nun war in einer der Sitzungen
des Rechtspflegeausschusses der Wortlaut des An. 86 abgeändert und mit Hilfe
der Mehrheit der BCSV folgende neue Fassung angenommen worden: »Die öffentlichen
Schulen sind christliche Gemeinschaftsschulen (Simultanschulen) im überlieferten badischen
Sinne«; diese Fassung wurde von den Fraktionen der SP, der DP und der KP einstimmig
abgelehnt. Dessen ungeachtet unterbreitete die BCSV in der Landesversammlung
bezüglich dieses Artikels einen Abänderungsantrag, der verbunden wurde mit einem
zusätzlichen Antrag, nun nur noch zwei Artikel, nämlich die beiden Artikel 84 und
85, nicht aber mehr auch noch Art. 86 von dem in allen Erziehungsfragen zuständigen
Elternwillen auszunehmen91. Das bedeutete, daß sich nach der neuen Fassung der Elternwille
nun auch auf Art. 86 erstreckt hat, oder anders gewendet, daß das Bestimmungsrecht
des Staates eben nur auf die beiden Art. 84 und 85 zutraf.

Es muß auf die vorgeschlagene Neufassung des An. 83 a hier deshalb etwas ausführlicher
eingegangen werden, weil sie in Verbindung mit der ebenfalls zur Diskussion gestellten
Abänderung des Art. 86 Anlaß gegeben hat zu einer hannäckig geführten Kontroverse
, welche ihren tiefsten Grund - so mag es heute aus der Rückschau erscheinen -
in einem Mißverständnis hatte. Denn dieser vorgeschlagenen Neufassung des Art. 83 a
begegneten die Demokraten, so der Abg. Dr. Waeldin, »mit größtem Mißtrauen«, weil
befürchtet wurde, »daß eines Tages die Simultanschule durch die Hintertür des Elternwillens
zu Fall gebracht« werden könnte. Die von der BCSV vorgeschlagene Neufassung
des Art. 83 a schaffe in Verbindung mit der ebenfalls beabsichtigten Abänderung der in
Art. 86 genannten »Simultanschule« in eine »christliche Gemeinschaftsschule« die Voraussetzung
dafür, »auf irgendeine kalte Art die Simultanschule zu beseitigen, und an deren
Stelle die Konfessionsschule einzuführen«92. Zwar wurde der BCSV zugestanden,

20


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1982-02/0022