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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
44.1982, Heft 2.1982
Seite: 21
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1982-02/0023
»diesen Artikel nur aus Toleranzgründen einfügen« zu wollen, doch sollte grundsätzlich
der Möglichkeit entgegengewirkt werden, daß mit dem Elternrecht auf irgendeine An
und Weise Mißbrauch getrieben werde.

Den Worten Josef Harbrechts gemäß waren es tatsächlich auch nur Toleranzgründe
gewesen, die die BCSV zu einer Erweiterung des Elternrechts bewogen haben, denn er
bemerkte, daß dem Staat bezüglich der in den Art. 84 und 85 festgelegten Grundsätze ein
Bestimmungsrecht zustehen müsse: »Der Staat hat da ein Anrecht darauf, das zu verlangen
. Wenn wir ihn in Art. 86 nicht mit einbeziehen wollen, so wollen wir gerade der Toleranz
eine Konzession machen. Wir wollen nicht verlangen, daß z. B. auch solche, die
nicht christlich sind, gezwungen werden können, in eine christliche Gemeinschaftsschule
hineinzugehen, wie das bei jüdischen Eltern der Fall sein könnte. Wir wollen diesen
Artikel gerade aus Toleranzgründen aus dieser Einschränkung herausgenommen haben
...«9-. Und noch an anderer Stelle versuchte Josef Harbrecht erneut, den Verdacht einer
etwaigen späteren »kalten« Umwandlung der Simultanschulen bzw. christlichen Gemeinschaftsschulen
in Konfessionsschulen - eine Umwandlung, die eben mit Hilfe des
Elternwillens möglich sein könnte - auszuräumen, wenn er sagte: »Wir alle von meiner
Partei... stehen dazu, daß wir die christliche Gemeinschaftsschule wünschen und nicht
eine ausgesprochene Konfessionsschule. Sie haben ja mehr oder weniger befürchtet,
daß, weil überall die Konfessionsschulen aufgemacht werden sollen, eventuell auch wir
hier den Antrag auf Einführung der Konfessionsschule stellen, und waren mehr oder weniger
überrascht, daß wir bei der Simultanschule bleiben...«94. Der Begriff »Simultanschule
« allerdings wurde von der BCSV »aus dem hergebrachten Sinne in 'christliche
Gemeinschaftsschule' übersetzt und gedeutet«95.

Wie aus diesen Ausführungen nun leicht erkennbar hervorgeht, war es also nicht so
sehr die Frage des Geltungsbereichs des Elternwillens bzw. des Elternrechts, die im Vordergrund
der Diskussionen über die Schulartikel gestanden hat, als vielmehr die Frage,
ob denn eine Bezeichnung, die bisher noch nicht verwendet worden war — eben die
»christliche Gemeinschaftsschule« - neu in die Verfassung eingeführt werden sollte. Was
die Simultanschule war, hat man seit der Einführung der obligatorischen Simultanschule
im Jahre 1876, also seit über 70 Jahren gewußt. In diesem Sinne richtete Dr. Waeldin seine
Frage an die Adresse der BCSV, als er sagte: »Warum bleiben wir dann nicht beim Regierungsentwurf
? Dann sind alle Zweifel beseitigt. Die Leute draußen verstehen nicht,
was sie unter der Formulierung der 'christlichen Gemeinschaftsschule' verstehen sollen,
das können Sie nicht jedem klarmachen. Hingegen, wenn Sie bei der Simultanschule, bei
der seitherigen Regelung bleiben, dann weiß jeder, woran er ist, und das ist das, was wir
erstreben« .

Was nun die BCSV unter der neuen Formulierung der Simultanschule als »christliche
Gemeinschaftsschule« verstanden hat, hatte Josef Harbrecht in dieser Sitzung der Landesversammlung
bereits dargelegt, als er gesagt hatte: » Unsere öffentlichen Schulen sind
seit dem Jahre 1876 Simultanschulen, die dem Volke seinerzeit aufgezwungen wurden,
indem man die bis dahin bestehenden konfessionellen, katholischen und evangelischen,
Schulen verkoppelte. Gründe und Hintergründe möchte ich nicht weiter beleuchten. Es
erfolgte im Zeitgeschehen, im Abrollen des gigantischen Dramas, wo um Mensch und
Menschheit, um seine christliche Seele gerungen wurde^Diese Schulart hat sich im Ablauf
von drei Generationen bei uns trotz vieler naturrechtlich begründeten Gegenströmungen
, ich erinnere nur an das primäre Elternrecht, historisch verankert. Es kam mit
der Zeit ein Schulfriede zustande, der auch durch Verträge noch zusätzlich gesichert
wurde. Die bestehende Gemeinschaftsschule war von christlichem Geist durchströmt,
das ist der 'badische überlieferte' Sinn. Wenn wir nun heute dieses 'Christliche' besonders
betonen, ohne in einen Pleonasmus zu verfallen, so liegt auch das in den Zeitströmungen
begründet, weil eine dritte geistige Macht mit einer sich ausbreitenden materialistischen
Geistes- und Lebenshaltung den christlichen Charakter im überlieferten badischen
Sinne bedroht«97.

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