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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
44.1982, Heft 2.1982
Seite: 27
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here Begründung eingegangen worden ist. In ihrer Zusammenschau lassen sich alle
Gründe für die Bekundung dieses Willens in der aus harter Wirklichkeit hervorgegangenen
Uberzeugung12" zusammenfassen, daß die besten Voraussetzungen und ein sicheres
Fundament für den Staatsaufbau dann gegeben sind, wenn im staatlichen Neuaufbau
grundlegende christliche Wertvorstellungen ihren Ausdruck finden, und zwar jetzt
nicht verstanden in einem engen, d. h. »konfessionell-dogmatischen« Sinne, sondern in
einem weiteren, »moralisch-ethisch« zu nennenden Sinne, der so weit gefaßt ist, daß er
sich nicht nur durch das in einem Höchstmaß zur Entfaltung kommende Prinzip der Toleranz
auszeichnet, also nicht die Rede von »Unterdrückung von Minderheiten« oder
von »Gewissenszwang« sein kann, sondern auch jederzeit eine weitgefaßte Hin- bzw.
Zurückführung von Rechtsgrundsätzen auf das christliche Sittengesetz möglich ist,
nicht aber der Umkehrschluß, d. h. die unmittelbare und direkte Ableitung von Rechtsgrundsätzen
und Rechtsregeln aus dem christlichen Sittengesetz.

Auf diesen Doppelaspekt von Toleranz zum einen und der Frage der Ableitung bzw.
Herkunft von Rechtsregeln zum anderen ist wiederum der Sprecher der demokratischen
Fraktion, Friedrich Vortisch, eingegangen, als er sagte: »Wir können auch in dem Bekenntnis
zu Gott in der Präambel keinen Gewissenszwang gegen die zahlenmäßig geringe
Minderheit der Gottesleugner in unserem Volke erblicken. Das christliche Sittengesetz
ist sogar so sehr Bestandteil unserer christlich-abendländischen Kultur überhaupt,
daß nach ihm praktisch bei uns auch Freidenker und Juden leben. Das Bekenntnis zu ihm
stellt deswegen erst recht keine Vergewaltigung einer Minderheit dar. Gerade auf der
Grundlage des christlichen Sittengesetzes sind ja die Vorstellungen von den Freiheitsrechten
gewachsen, die auf die Kardinalforderung der Glaubens- und Gewissensfreiheit
zurückgehen. Sie haben ihren erstmaligen Niederschlag in den amerikanischen Verfassungen
der Jahre 1774 bis 1778 gefunden. Ich will damit nur sagen, ich bitte, mich recht
zu verstehen, daß diese Entwicklung philosophisch und logisch möglich war, und daß
sie geschichtlich tatsächlich eingetreten ist. Es liegt mir aber fern, hier die Freiheitsrechte
als eine zwangsläufige Konsequenz christlicher Lebensauffassungen hinzustellen. Wir
behaupten auch nicht, daß ein christlicher Staat und eine christliche Gesellschaft nicht
auch anders aufgebaut werden könnten... Als eine zwangsläufige Konsequenz christlicher
Lebensauffassung kann man u. E. überhaupt nur in den allerseltensten Fällen eine
Rechtsregel für das Zusammenleben der Menschen hinstellen...« Friedrich Vortisch beendete
seine Ausführung mit der hinweisenden Bitte: »Wir Demokraten möchten deshalb
bitten, sehr vorsichtig zu sein in der politischen Auswertung dieser Präambel für die
Gesetzgebung...«,24.

Die verschiedenen Auffassungen über Notwendigkeit und Zweck eines solcherart in
der Verfassung ausgesprochenen Bekenntnisses zum christlichen Sittengesetz sind in ihrem
schärfsten Kontrast in den Beratungen zur Präambel, in abgeschwächter Form in
der Schuldfrage und vereinzelt in der Frage der Wirtschaftsordnung hervorgetreten. In
all diesen Diskussionen ist es um die entscheidende Frage gegangen, ob ein auf Grund
des christlichen Sittengesetzes geführtes Leben, d. h. also ein Leben, das versucht, sich
von der christlichen Botschaft und der sie beinhaltenden Heilslehre ansprechen zu lassen
, in der Anwendung beim einzelnen und in der Summe bei allen, praktische und - in
welchem Ausmaß auch immer — positive Auswirkungen auf das menschliche Zusammenleben
gezeigt hat bzw. immer wieder zeigt. Mit anderen Worten heißt das, daß es um
die Frage gegangen ist, ob und in welchem Maß das christliche Sittengesetz seine Rückwirkungen
auf das Leben des Menschen hat. Die beiden Hauptpositionen haben sich in
dieser Frage folgendermaßen dargestellt: Es waren vor allem die Vertreter der BCSV und
der DP, die mit entschiedenem Nachdruck gesagt haben, daß ein nach den grundlegenden
christlichen Grundsätzen geführtes Leben die Gewähr dafür bietet, daß das Leben
des einzelnen und der einzelnen Menschen gelingen kann, daß also ein solcherart geführtes
Leben seine praktischen Konsequenzen schon jetzt in der Gegenwart aufzeigt und
dem Menschen den Sinn seines Daseins zu verstehen zu geben in der Lage ist. In diesem

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